Tansania Teil 1 - Arusha NP bis Karatu


Tansania

Hatari! - Eine Gruppenreise

- Teil 1 vom Arusha National Park bis Karatu -



Prolog


Während ich hier sitze und diesen Prolog niederschreibe, grübele ich, wann genau das Land Tansania in mein Bewusstsein rückte. Ich denke, das muss gewesen sein, als ich in jungen Jahren das erste Mal den Film Hatari! gesehen habe … nein, es war, als ich vom Tausch zweier Inseln und eines Landstriches hörte … oder war es doch eher, als ich mit Kinderaugen in den Fernseher schaute und einen älteren Herrn mit Schimpanse im Arm sah. Ich könnte noch länger darüber grübeln, komme aber zu keinem richtigen Ergebnis. Ich weiß lediglich, Freddy hat nicht dazu beigetragen. Dass er in diesem Land geboren wurde, präziser formuliert auf der Insel Sansibar, habe ich erst geraume Zeit später erfahren …


Aber egal, zurück zum Prolog: Das Reisejahr 2019 stand zur Planung an und mein Mann würde in diesem Jahr zu meinem großen Bedauern nicht verreisen können. Würde ich verreisen wollen, würde ich eine Reise alleine machen (müssen).


Also überlegte ich, was ich mir gerne noch einmal anschauen möchte und wohin er ohnehin nicht mitreisen könnte. Es kamen ein paar Ziele in Frage, aber schnell setzte sich in meinem Kopf fest, dass ich große Lust auf „Tiere gucken“ hatte. Mit einem Lächeln dachte ich an über die Filmwand laufende Babyelefanten auf der Suche nach Mama Temba, eine Männerfreundschaft, der eine Blutspende zugrunde lag - und an Hardy Krüger und sein Werk „Eine Farm in Afrika“ (das ich vor längerer Zeit gelesen hatte) … somit war klar, die Entscheidung stand: mein Reiseziel lautet Tansania.


Tansania als Reiseziel ist per se kein günstiges Reiseland, wenn man wie ich nicht campen möchte und zudem gewisse Ansprüche an die Unterbringung hat. Eine Privatreise würde mir definitiv zu teuer werden und somit kam für mich als Alleinreisende nur eine Gruppenreise in Frage, auch wenn ich - wo immer irgendwie sinnvoll möglich - dies gerne zielgerichtet umgehe.


So startete ich die Suche nach einer passenden Route, denn wie üblich hatte ich ziemlich genaue Vorstellungen von meiner Reise. Ich wusste, was ich unbedingt auf der Reise sehen wollte und als „Muss“ gesetzt war: die Migration mit der Chance auf ein Crossing und der Lake Natron mit dem Ol Doinyo Lengai, gerne auch die Hatari Lodge, wobei Letztere kein Ausschlusskriterium sein sollte. Genauso wusste ich aber auch, was ich keinesfalls auf der Reise sehen wollte: Sansibar. 


Darüber hinaus war ein gewisser Komfort besonders hinsichtlich der Unterkünfte sowie ein garantierter Fensterplatz im Safarifahrzeug Voraussetzung. Als Reisedauer stellte ich mir ca. 2 Wochen vor.


Mit diesen von mir selbst definierten Eckpunkten begann ich meine Suche. Schnell stellte sich heraus, dass es gar nicht so einfach war, eine Reise zu finden, die die Migration (mit der Chance auf ein Crossing) und Lake Natron verband. Irgendwann wurde ich dann doch fündig, sogar die Hatari Lodge konnte ich als individuelles Vor- oder Nachprogramm beim gleichen Veranstalter hinzu buchen. 


Der Veranstalter, der die Reise anbot, die alle meine Kriterien erfüllte, engagiert sich im größeren Stil für soziale Projekte und arbeitet entsprechende Programmpunkte außerhalb der Tierschutzgebiete in seine Routen ein, so auch in der von mir favorisierten. Eigentlich zuvor von mir nicht eingeplant, fand ich diesen Aspekt sogar sehr schnell sehr interessant, versprach ich mir doch, so das Land noch aus einem anderen Blickwinkel kennenzulernen; zudem würde ich überdies mit meiner Vergnügungsreise mit einem Teil meines eingesetzten Geldes etwas Gutes tun.


Die Reiseroute und die Unterkünfte schaute ich mir - wo möglich - detailliert an und als eine in der Regel passionierte Individualreisende kam es natürlich, wie es kommen musste. Es gab ein paar kleinere Punkte, die mir nicht ganz so gut gefielen, aber ich musste realistisch sein, wollte ich eine Tour, die genau meine Ansprüche erfüllte, müsste ich mir diese selbst zusammenstellen zu einem ungleich wesentlich höheren Preis; so war ich dann im Ergebnis sehr zufrieden mit meiner Wahl und das war die Hauptsache. 

Auf nach Tansania und in der Hoffnung auf viele schöne, neue Erlebnisse, aber bitte ohne Hatari!


Tag 1 – Frankfurt – Doha

Eine ziemlich komfortable Anreise, da gibt es nichts zu meckern


Es ist heiß, sehr heiß und ich bin noch nicht einmal losgeflogen. Über Deutschland liegt eine Hitzewelle, das Thermometer steuert langsam, aber unaufhaltsam die 40 Grad Celsius Marke an. Fast könnte man meinen, ich entfliehe der Hitze und reise in eine gemäßigtere Klimazone. 



Im Radio hören wir, dass der Frankfurter Flughafen heute eine rekordverdächtige Anzahl von Passagieren erwartet und ich bin eine davon. Wir müssen tatsächlich eine Weile nach einem Parkplatz suchen, die Buchten sind oft sehr klein und längst nicht alle sind sich scheinbar bewusst, dass die Streifen auf dem Boden die Begrenzung für das eigene Fahrzeug darstellen sollen.


Entgegen meiner Befürchtung geht der Check-in zügig vonstatten, und es ist Zeit, mich für die nächsten zwei Wochen von meinem Mann zu verabschieden. Das ist der Moment, den ich am meisten hasse, aber ich wollte es ja nicht anders. Mein Fernweh und die Neugierde, neue Entdeckungen auf unserem Planeten zu machen, war einfach zu groß. 


Die Wartezeit auf den Abflug Richtung Doha verbringe ich in der Lounge. Ich fliege mit Qatar Airways und bin schon sehr gespannt auf die so hoch gelobte Business Class dieser Airline. Im Rundreiseprogramm war die KLM vorgesehen, die uns einige Monate zuvor zu unserer vollen Zufriedenheit nach Ecuador gebracht hatte. Zu meiner großen Überraschung war der Aufpreis für Business Class zu den passenden Reisetagen im Vergleich zur Qatar viel zu hoch und in Premium Economy konnte nur auf einer Flugstrecke ein Platz bestätigt werden. Mit dem Veranstalter telefonierte ich mehrmals im Vorfeld, um für mich einen passenden Flug zu finden, was dann letztendlich auch geklappt hat. Ich denke, es hat sich bereits hier gezeigt, dass ich etwas anders ticke in Bezug auf die Reiseplanung als die meisten ihrer anderen Kunden. 


Als ich die A380 betrete und auf meinem Einzelsitzplatz am Fenster Platz nehmen möchte, kommt schon die Flugbegleiterin auf mich zu, begrüßt mich sehr freundlich und nimmt mir mein Gepäck so schnell aus den Händen, dass ich fast schon Mühe habe, mir noch das Nötigste für den Flug herauszunehmen. Etwas später erhalte ich bereits die Menükarte und kann meine Bestellung aufgeben, wobei dieses Prozedere in der Business Class nicht ungewöhnlich ist und kaum erwähnenswert wäre, wäre da nicht der Aspekt, dass es für mich das erste Mal ist, dass ich die Uhrzeit frei wählen kann, wann ich essen möchte. Schnell komme ich zu dem Urteil, dass dies die beste Business Class ist, mit der ich bisher geflogen bin, und dabei ist die A380, in der ich gerade sitze und mich auf die für einige Jahre vorübergehende Wahlheimat von Hardy Krüger freue, noch nicht einmal mit der Q-Suite ausgestattet. 


Wir landen einige Zeit nach Mitternacht in Doha, Nachtflugverbot scheint es hier nicht zu geben. Der Flughafen in Doha überfordert mich fast schon ein bisschen, die Lounge ist riesig. Hier werde ich mehrere Stunden bis zum Weiterflug überbrücken müssen. In der Quiet Area bekomme ich zu dieser Zeit keinen Schlafplatz mehr, finde dann aber einen Bereich, in dem es ausgesprochen ruhig ist und in dem Liegen stehen. Tatsächlich kann ich eine freie ergattern, dort werde ich die nächsten Stunden verbringen. Immer wieder schlafe ich ein, irgendwann muss ich mal auf Toilette, aber das zögere ich so lange hinaus wie nur irgend möglich, denn während der Nacht würde mein bequemer Rückzugsort sicherlich ganz schnell einen anderen Nutzer (oder auf Neudeutsch: User) finden. 


Tag 2 – Doha – Kilimanjaro Airport – Hatari Lodge

Ankunft auf einer Farm, über die ich Jahre zuvor in einem Roman las


Die lange Aufenthaltszeit kam mir jetzt gar nicht so schlimm vor, wie im Vorfeld von mir befürchtet. Kurz vor neun Uhr morgens hebt die Maschine ab und sechs Stunden später landen wir am Kilimanjaro Airport. 



Ich habe für zwei Nächte ein individuelles Vorprogramm auf der Hatari Lodge gebucht. Darin enthalten sind alle Transfers. Prima, jetzt kann es gleich weiter gehen, denke ich bei mir, als ich die Einreise hinter mich gebracht und mein Gepäck in Händen halte. 


Bedauerlicherweise ist aber niemand da, um mich abzuholen. Aber selbst ist die Frau, ich erinnere mich, dass ich im Vorbeigehen ein Schild mit dem Agenturnamen gesehen habe, mit dem mein Veranstalter vor Ort zusammenarbeitet. Nur gut, dass ich mir auch bei einer organisierten Reise diese Details im Vorfeld genau anschaue bzw. recherchiere, ich kann einfach nicht raus aus meiner Individualreise-Haut.


Auf dem Schild stand zwar definitiv nicht mein Name, aber egal, da gehe ich jetzt hin. Schnell habe ich die Dame gefunden und ich erkläre ihr, dass ich zwar nicht zu den Passagieren gehöre, die von ihr abgeholt werden sollen, ich aber mehr oder weniger für die nächsten zwei Wochen in Form eines Gastes zu dieser Agentur gehöre und nun hier leider mein Transfer zur Hatari Lodge nicht da wäre. Sie bittet mich zu warten und will sich sofort darum kümmern. Ich solle derweil beim Ausgang warten. Das mache ich und kaum hat sich die Tür des Flughafengebäudes hinter mir geschlossen, sprechen mich schon von allen Seiten geschäftstüchtige Fahrer an und wollen mir ihre Dienste anbieten. Ich lehne dankend, aber bestimmt ab, stelle mich an die Seite und rufe erst einmal meinen Mann an. Absolut entspannt erzähle ich ihm von einem sehr guten Flug und dass ich nun auf meinen Transfer warte. Dieser erscheint dann auch wenige Zeit später, entschuldigt sich und wir beide fahren in einem Safarifahrzeug los. 


Auf der Hatari Lodge angekommen werde ich sehr freundlich von der südafrikanischen Managerin begrüßt und merke, wie sehr ich mich freue, hier zu sein. Ein kleiner Kindheitstraum geht gerade in Erfüllung. 

Nachdem ich mich ein wenig im Zimmer ausgebreitet habe, ist es schon Zeit für das Abendessen. Den Weg vom Zimmer zum Restaurant darf ich in der Dunkelheit nicht alleine zurücklegen und kaum habe ich meine Tür geöffnet, steht schon ein Maasai an meiner Seite, um mich im Fall der Fälle zu beschützen. Besonders regelmäßige Besucher, so höre ich, sollen Büffel sein und wer sich mit der Tierwelt Afrikas beschäftigt hat, weiß, dass Büffel nach den Hippos auf Rang zwei der Liste der Tierarten stehen, die für ein tödliches Aufeinandertreffen von Mensch und Tier verantwortlich zeichnen. 


Das Abendessen ist ganz hervorragend. Alle sitzen heute gemeinsam an einem größeren Tisch. Neben einer amerikanischen Familie sind heute keine weiteren Gäste anwesend. Ich finde es ausgesprochen nett, dass ich nicht irgendwo alleine in einer  Ecke platziert werde.


Die Managerin sitzt neben mir und wir führen eine sehr interessante Unterhaltung. Bei dieser Gelegenheit mache ich die Bekanntschaft einer jungen deutschen Volontärin, die mir voller Begeisterung vom derzeitigen Projekt erzählt, dem Beehive-Fence. Bienenvölker werden an Zäunen rund um die Felder angesiedelt, damit werden Elefanten, die allergrößten Respekt vor diesen kleinen summenden, fleißigen Insekten haben, von der lebenswichtigen Ernte ferngehalten. Zusätzlich können die Bewohner den Honig nutzen, also eine absolute Win-Win-Situation. Ich bin fast genauso begeistert wie die Volontärin, als ich davon erfahre. 


Nachdem ich wieder wohlbehalten den Bungalow mit meinem Zimmer in Begleitung eines Maasais erreicht habe, falle ich todmüde ins Bett. Ich bin angekommen!


Tag 3 – Arusha National Park

Büffelbegegnung


Die Hatari Lodge liegt direkt vor den Toren des Arusha National Parks. Mein gestriger Transfer führte bereits durch den Park und ich sah einige Büffel und Giraffen. Die Landschaft hier ist so ganz anders als die, die ich von meinen bisherigen Reisen in eher aride Gegenden im südlichen Afrika kenne. 


Im Arusha National Park liegt der zweithöchste Berg Tansanias, der Mount Meru (4.565 Meter). Sein Gipfel soll vor sehr vielen Jahren, genau genommen vor ca. einer Viertelmillion Jahren, die 5.000er Marke überschritten haben, bevor er sich selbst durch eine Eruption dezimierte. Zuletzt ist der Mount Meru im Jahr 1879 ausgebrochen, wobei es sich um eine kleinere Eruption gehandelt haben soll. Anfang des vergangenen Jahrhunderts befand sich in dieser Gegend die Farm der Familie Trappe. Im Jahr 1960 wurde der Ngurdoto National Park gegründet. Prof. Bernhard Grzimek soll einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet haben. Das Gebiet wurde im Jahr 1967 erweitert - u. a. umfasst der Park seit dieser Zeit auch die Momella Seen. Im Zuge dessen wurde der Name geändert auf seinen heutigen, Arusha National Park. 


Und genau in diesen Park soll es heute für mich gehen. Noch bin ich frei, denn den Arusha National Park werde ich auf einem Privatprogramm kennenlernen. Mit einem Safarifahrzeug fährt mich der Guide mit dem klangvollen Namen „Goodluck“ in den Park. Am Momella Gate werde ich einem bewaffneten Wildhüter für die nächsten zwei Stunden übergeben. Wir beide werden eine Fußsafari machen. 


Der Park, wie auch die Hatari Lodge, liegen etwas höher, so ist es hier kühler und es kommt vor, dass sich die Sonne nicht zeigt. Ein netter Nebeneffekt dieser Gegend ist, dass sie als malariafrei gelten soll. Ich hoffe, es ist so, denn ich habe meine Malariaprophylaxe auf den Tag genau geplant. Es sind sehr angenehme Temperaturen, es ist längst nicht so heiß wie in Deutschland bei meiner Abreise. Ich trage heute sogar eine Vliesjacke. 


Der Mount Meru liegt in den Wolken, ich sehe ihn nicht, als ich mit dem Wildhüter, mit  dem Gewehr über seiner Schulter hängend, losziehe. Ich hoffe, dieses Teil muss nicht zum Einsatz gebracht werden. Der Ranger zeigt mir Schädel von Wildtieren, die am Wegesrand drapiert wurden, weist mich auf verschiedene Pflanzen hin und siehe da, ganz nah lässt sich ein Warzenschwein blicken. Diese Tiere finde ich witzig, allerdings sollte man ihnen auch nicht per Pedes zu nah kommen. 

Wir laufen über eine freie, übersichtliche Fläche und dann mal wieder schmalere Pfade durch Busch- und Baumland. Ich frage mich, wie viele Tieraugen aus diesem Dickicht wohl gerade auf mich blicken und sich fragen, was diese beiden durchziehenden Gestalten hierher verschlagen hat. Aber vielleicht ist es den Tieren auch ziemlich egal. 


Weniger egal ist mir dann aber unsere nächste Begegnung. Vor Büffeln habe ich allergrößten Respekt und wie ich einmal las, sollte man vor einzelnen Büffeln noch mehr Respekt haben als vor einer größeren Gruppe. Während wir uns gerade auf einer weitläufigeren Ebene befinden, tritt eine Büffelmutter mit ihrem Teenagerkalb aus dem Dickicht heraus, zum Glück in einiger Entfernung, aber nichtsdestotrotz doch noch viel zu nah. Beide stoppen, die Mutter blickt zu uns, sie fressen erst einmal. Immer wieder schaut die Mutter zu uns auf. Dann ein weiteres Mal schaut die Mutter hoch, geht jedoch ein paar Schritte auf uns zu. Das Ganze sieht nicht freundlich aus. Mir wird sehr mulmig, ich möchte am liebsten den Rückzug antreten, doch der Wildhüter lässt mich nicht. Er merkt, dass mir nicht ganz wohl ist und sagt mir, ich solle ganz nah bei ihm bleiben und ich müsse nicht „scared“ sein, es wäre alles in Ordnung. 


Gleichzeitig sehe ich, wie er Büffelmutter und Kind ganz fest im Blick hat - und ist es zu meinem Entsetzen oder zu meiner Erleichterung? Er nimmt das Gewehr von seiner Schulter und während er noch seine nächsten Worte ausspricht, weiß ich, es ist Entsetzen … Er flüstert mir leise zu, wenn sich der Büffel für einen Angriff entscheiden sollte, müsse er sehen, ob er überhaupt Zeit hätte, um einen Warnschuss abzugeben oder ob er direkt auf das Tier schießen müsse. Aber egal, was immer nun passieren würde, ich dürfe keinesfalls wegrennen, sondern müsse mich auf den Boden legen. An seinem Verhalten merke ich, die Situation ist bedrohlich, trotz allem strahlt er Ruhe und Souveränität aus. Mir ist gerade ganz anders. Theoretisch weiß ich, dass man im Busch nicht wegrennen soll, denn nur Futter rennt, aber ob ich das jetzt hier in diesem Moment ganz praktisch umsetzen würde? 


Zum großen, großen Glück entscheidet sich Büffelmutter gegen einen Angriff, vielleicht hat sie Mitleid mit mir, wie ich dort wie ein Häufchen Elend stehe. Sie zieht mit ihrem fast ausgewachsenen Kalb vorüber und legt dabei eine immer größere Distanz zwischen uns. Ich habe so gar keine Lust mehr auf die Fortsetzung der Fußsafari. 


Der weitere Weg führt uns noch zu einem Wasserfall und ich bin heilfroh, als wir wieder unbeschadet unseren Ausgangspunkt erreichen. Ich habe mir fest vorgenommen, den Rest des Tages das Fahrzeug nicht mehr zu verlassen.

So langsam nähert sich mein Puls wieder Normalniveau, während wir im Fahrzeug durch bewaldetes Gebiet fahren. Wir stoppen am Fig Tree Arch. Dieser Würge-Feigenbaum ist so gewachsen, dass man mit einem Auto unter ihm hindurch fahren kann und damit ist natürlich klar, dass er es zu einem Touristenstopp gebracht hat. 

Nach einem Picknick mit sehr leckerem, aus der Hatari Lodge mitgebrachtem Essen am oberen Momella See - ich habe derweil meinen Vorsatz, nicht mehr aus dem Auto steigen zu wollen, schon wieder verworfen -, fahren wir entlang der Seenlandschaft der sieben Momellaseen. Die Seen sind alkalisch und ziehen besonders im Winter der nördlichen Hemisphäre viele Zugvögel an. Heute sehe ich vor allem Flamingos. Zum einen die weiß gefiederten Zwergflamingos, die den matschigen Ufersaum nach Fressbarem durchschnäbeln und zum anderen die größeren Rosaflamingos (Great Flamingo), die ihre Nahrungsaufnahme im tieferen Wasser bevorzugen. 

Eine spielende Pavianfamilie sorgt dafür, dass wir unsere Rückfahrt kurz unterbrechen.

Zurück in der Lodge lässt sich am späten Nachmittag sogar noch der Mount Meru blicken. Auf der Plattform der Hatari Lodge findet der Sundowner statt, und ich lerne eine 5-köpfige Reisegruppe des gleichen Veranstalters kennen, als ich kurz aushelfe, um etwas zu übersetzen. 

Die Managerin hat heute Abend andere Termine, fühlt sich aber scheinbar für mein Wohlergehen verantwortlich und hat ohne, dass ich es wusste, diese Reisegruppe und ihren Guide gefragt, ob ich mich zum Abendessen zu ihnen setzen dürfe, damit ich nicht alleine meine Mahlzeit einnehmen muss. Sehr gerne dürfte ich das. Ich finde diese Geste von allen ausgesprochen nett, genauso nett entpuppen sich die Teilnehmer dieser Gruppe und wir haben einen schönen Abend. 


Tag 4 – Hatari Lodge – Ngare Sero Mountain Lodge

Von einer Filmlocation zur nächsten und die Feststellung, dass ich vergessen wurde 


Ich bin in Afrika und ich friere. Es ist heute Morgen so kalt, dass ich zum Frühstück den Platz wähle, der am nächsten zum offenen Kaminfeuer liegt. 


Irgendwie hat die ganze Atmosphäre etwas Surreales. Ich sitze neben einem wärmenden Feuer und trinke meinen Tee. Mein Blick nach draußen offenbart eine Welt aus Grüntönen, über der ein Schleier liegt, kein Nebel, kein Dunst, alles wirkt auf mich, als schaue ich durch einen Filter. Es liegt etwas Märchenhaftes, etwas Surreales über der Hatari Lodge, es ist zauberhaft. 


Eigentlich hätte ich heute Morgen auf dem Gelände der Farm noch einen Spaziergang in Begleitung machen sollen. Da ich mir aber vor einiger Zeit am Fuß eine Verletzung zugezogen hatte und diese seit gestern ein wenig zwickt, entscheide ich mich gegen diese Tour. Ich stöbere durch die Bücherregale, es ist unglaublich interessant, wie muss es wohl gewesen sein, als Hardy Krüger hier lebte, als er seine Fleischfabrik betrieb, Gäste aus aller Welt auf der naheliegenden Momella Lodge wohnten und möglicherweise auch der eine oder andere Hollywoodstar die Familie Krüger hier besuchte. 

Bei einem regelmäßigen Blick nach draußen stelle ich fest, dass sich auf der Momella Lichtung eine Gruppe Büffel eingefunden hat. Auch ein Zebra erspähe ich. 

Auf der Lodge und auch im Arusha National Park ist es schön, jedoch eher unspektakulär, aber mir gefällt es hier so gut. Ich kann es nicht in Worten beschreiben, was dieses Wohlgefühl bei mir auslöst, aber es ist da. Möglicherweise ist es das gleiche Gefühl, das Hardy Krüger diesen Platz auswählen ließ? Ich werde ihn nicht fragen können und es niemals erfahren. 


Zum Mittagessen bin ich der einzige Gast, bekomme aber ein sehr schmackhaftes Essen serviert - und dann lerne ich Marlies kennen. Sie und ihr Mann Jörg haben im Jahr 2004 die ehemaligen Wohngebäude von Hardy Krüger erworben und die Hatari Lodge aufgebaut. Marlies stammt aus Namibia. Wir unterhalten uns sehr lange, es ist ein sehr eindrückliches Gespräch, wir sprechen über den Tourismus in Tansania und sie erzählt mir von verschiedenen Projekten und wie sie damit versuchen, insbesondere die Situation der Frauen in der Gegend zu verbessern. 


Dann ist leider die Zeit gekommen, die Hatari Lodge zu verlassen. Ich werde von einem Guide zu meiner nächsten Unterkunft in Arusha gefahren, wo ich auf die Teilnehmer der Gruppenreise und den Guide treffen werde. Die Fahrt zur Ngare Sero Mountain Lodge, die ein wenig außerhalb von Arusha liegt, dauert knapp 90 Minuten.


Verbinde ich die Hatari Lodge mit einem von mir geliebten Hollywood-Klassiker der 60ziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, muss ich jetzt 30 Jahre in die Zukunft in meiner Filmhistorie gehen. Dunkel erinnere ich mich an den Hollywoodfilm Congo aus den 90ziger Jahren, erkenne aber sofort das Farmhaus wieder, das in den Anfangsszenen des Films auf Leinwand gebannt wurde. Dieser Film wird es zwar ganz sicherlich nicht in meine persönlichen Filmhighlights schaffen, nichtsdestotrotz finde ich die ganze Situation witzig, da ich quasi ungeplant von einem Drehort zu einem anderen wechsle. 


Das Farmhaus, das heutige Hauptgebäude der Lodge, wurde 1904 von dem deutschen Herrn Leue erbaut. Seit 1974 beherbergt es eine Lodge und ist eines der ältesten familiengeführten Unterkünfte in Arusha. 


Die Zimmer befinden sich zumeist in einem separat gelegenen Gebäudetrakt. Mein Zimmer hat eine Terrasse mit einer gemütlich angelegten Sitzbank, auf dessen Polster ich es mir im Laufe des Nachmittages noch gemütlich machen werde. Innen verfügt es über einen Vorraum mit einem Sofa und Schreibtisch, das Bett ist gemütlich mit einem tadellosen Moskitonetz, das Bad ausreichend groß und als Zugabe gibt es noch einen begehbaren Kleiderschrank. 


Die Außenanlage ist sehr weitläufig, wunderschön und außerordentlich gepflegt. Es gibt einen Cricketbereich, einen Fischteich, auf dem man Boot fahren kann und einen wunderschönen, ziemlich langen Pool, der von drei Seiten von eindrucksvollen Pflanzen umgeben ist. Es ist sehr schön hier. 

Gemäß Reiseprogramm treffe ich heute Abend mit der Reiseleitung und den Mitreisenden zusammen, um sich im Anschluss beim gemeinsamen Abendessen kennenzulernen. So weit, so gut. Hatte ich erwartet, dass man mir jetzt weitere Infos zukommen lässt, wann ich wo zu sein hätte, werde ich sogleich auf den Boden der Tatsachen geholt, als man mir beim Check-in sagt, dass man keine derartigen Informationen für mich hätte. Man sei bisher noch nicht einmal darüber informiert gewesen, dass ich zu dieser Reisegruppe gehöre. Na prima, der Start ist schon mal vielversprechend.


Ich hatte mich schon gewundert, wie das Abendessen heute möglich sein solle, weiß ich doch, dass die KLM erst sehr spät landet und genau das bestätigt mir der sehr nette Herr beim Check-in. Ich nenne ihn jetzt einmal Mr. Ray. 


Mein Problem ist, dass ich auch nicht weiß, wann ich mich morgen früh wo einzufinden habe. Mr. Ray versucht, die Agentur telefonisch zu erreichen, das gelingt ihm nicht, auch nicht mehr im Laufe des Nachmittags. Ich frage ihn, wann die Gäste mit Ankunft KLM in der Regel einchecken und erfahre, dass es meist so gegen Mitternacht sei, vorausgesetzt die Maschine ist pünktlich. Ich habe definitiv keine Lust, so lange wach zu bleiben, um meine Instruktionen, die eigentlich hätten vorliegen müssen, entgegen zu nehmen. Da Mr. Ray auch noch zu später Stunde Dienst haben wird, bitte ich ihn, dass der Guide mir doch einen Zettel unter der Zimmertür durchschieben möge, auf der Zeit und Ort für den morgigen Treffpunkt vermerkt ist. 


Den Rest des Nachmittags verbringe ich auf dem weitläufigen Gelände und meiner Terrasse. Das hervorragende Abendessen lasse ich mir im Außenbereich des Restaurants schmecken. 


Tag 5 – Ngare Sero Mountain Lodge (Dorfbesuch und eine Kaffeeplantage)

Meet & Greet


Irgendwann nach Mitternacht werde ich wach und gehe zur Tür. Tatsächlich liegt auf dem Boden eine Notiz. Nicht der Guide, sondern Mr. Ray, dieser zuverlässige und freundliche Herr, hat sie geschrieben. Jetzt weiß ich, um wieviel Uhr ich morgen früh auf meine Reisegruppe treffen werde. 



Ich ärgere mich schon ein wenig. Das hätte alles vom Veranstalter organisiert sein müssen. Nun, ich konnte mir selbst helfen, frage mich aber, was machen Gäste, die es nicht gewöhnt sind, solche Dinge in einem fremden Land zu organisieren und noch viel mehr, was machen Gäste, die kein oder nur wenig Englisch können? 


Pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt mache ich mich auf zum Frühstück. Vor dem Gebäude steht bereits eine Gruppe, die mir sehr verdächtig nach meiner aussieht. Ich gehe hin, frage nach, es ist meine Gruppe und stelle mich vor. 


Unsere Reisegruppe besteht aus 4 Paaren, allesamt mehr oder weniger älter als ich sowie ein Vater mit Sohn, der die Reise als Abiturgeschenk erhalten hat. Während der Reise werden wir auf zwei Safarifahrzeuge aufgeteilt, der Guide wechselt tageweise das Fahrzeug. Von diesem Guide ist allerdings weit und breit nichts zu sehen. 


Wir gehen zum Frühstück. Der Guide trifft ein, alle anderen Teilnehmer hat er bereits gestern Abend nach ihrer Ankunft am Flughafen in Arusha kennengelernt, das scheint ihm zu genügen. Er sagt guten Morgen und geht hinaus zu seinen Fahrern. 


Ich schaue mir das Schauspiel kurz an, folge ihm, stelle mich vor und sage ihm, dass ich die Teilnehmerin bin, die ein Vorprogramm hatte und nun zur Gruppe dazu stößt. Die Begrüßung fällt recht knapp aus, sodass ich mich schon frage, wo hätte ich meine Gruppe getroffen, hätte sich Mr. Ray nicht so sehr gekümmert. Auf den Hinweis, dass ich keinerlei Informationen über Treffpunkt und Uhrzeit erhalten hatte und mich selbst kümmern musste, ernte ich ein Schulterzucken und die Worte „es hat doch alles geklappt“. 


Nun gut, das war das erste Kennenlernen, wir werden sehen, was die nächsten Tage bringen werden. 


Unser Guide trägt den Namen Moses - so wie Moses, der das rote Meer teilte und ein ganzes Volk durch die Wüste führte, kurzum diesen Namen verbinde ich mit einer Person, die den Überblick hat und weiß, wo der Weg entlang führt.


Das heutige Programm ist nicht sonderlich stressig, ich nehme an, dies wurde vom Veranstalter so ausgearbeitet, damit sich die Teilnehmer noch ein wenig von der anstrengenden Anreise erholen können. 


Nach einem ausgiebigen Frühstück gehen wir zu den Fahrzeugen, ich werde mir den Wagen mit zwei Paaren teilen und wir werden tageweise die Sitzreihen rotieren, sodass die Fairness hinsichtlich der Plätze garantiert ist. 


Wir fahren zu einem nahe gelegenen Ort, wo wir Einblick in das Dorfleben erhalten. Das Dorfoberhaupt begrüßt uns und wir werden von einem Bewohner durch den kleinen Ort geführt. 

Zwischendurch setzt immer mal wieder Regen ein und die Wege werden zunehmend schlammiger und rutschiger. Etwas länger verweilen wir in einem offenen Gebäude, das als eine Art Gebäude für Rechtsprechung dient, uns wird der Prozess erklärt, hier werden Zwistigkeiten verhandelt und - hoffentlich - beigelegt. 


Gerne würde ich mehr Fotos machen, aber eine innere Stimme veranlasst mich, mich zurück zu halten, sodass es nur wenige Motive ohne Einwohner auf meine Speicherkarte schaffen. Ich habe schon einige Reisen gemacht und immer wieder, wenn ich solche Lebensbedingungen sehe, erfasst mich große Demut. Was habe ich doch für ein Glück, in Deutschland geboren worden zu sein. 


Wir besuchen eine Schule für die besonders kleinen Erdenbürger, soweit ich verstanden habe, wird diese von unserem Veranstalter unterstützt. Die Kleinen schauen uns neugierig aus ihren Kinderaugen an, während die Lehrerin ihnen kurz erklärt, wer wir sind. Ich fotografiere in den Raum hinein, ein einzelnes Kind möchte ich nicht ablichten. Dann zeige ich den Kleinen das Motiv auf dem Display und plötzlich bin ich umzingelt. Ich mache noch ein paar Fotos, die Kinder sind hocherfreut und ich bin sehr traurig. Ich bin traurig, weil ich gerade eine Sofortbildkamera oder einen kleinen Fotodrucker vermisse. Wie gerne hätte ich diesen Kindern eine Freude mit diesen Fotos bereitet. Werde ich noch einmal eine Reise mit solchen Programmpunkten machen, werde ich mich besser ausstatten. 

Während die Gruppe sich draußen umschaut und teilweise auch dem Treiben in der Klasse zuschaut, versuche ich mich loszureißen, da der vorgegebene Zeitplan ruft. Als ich den Raum verlasse, treffe ich auf eine ältere Frau, die, so merke ich sofort, in dieser Schule arbeiten muss. Wir kommen ins Gespräch, sie erzählt mir, dass sie aus Kalifornien stammt und die meiste Zeit des Jahres in diesem Ort lebt, um die Menschen zu unterstützen. So gerne würde ich mich noch länger mit ihr unterhalten, aber die Gruppe ist schon beinahe aus meinem Blickfeld verschwunden und ich sollte nicht gleich am ersten Tag als vermisst gemeldet werden.


Ich bin tief beeindruckt - sowohl von der Begegnung mit den Kindern als auch mit dieser Frau.


Im gleichen Ort, vorbei an Bananenfeldern, steuern wir die Fair Trade Kahawa-Kaffeeplantage an, wo man uns zeigt, wie hier der Kaffee hergestellt wird. 

In einem Gebäudetrakt, der zur Kaffeeplantage gehört, ist das Mittagessen der Gruppe eingeplant. Es gibt verschiedene Speisen und große Teller bestückt mit zumeist bereits geschältem Obst. Das Wasser wird mit Eiswürfeln in Karaffen auf den Tisch gestellt. 


Ich bestelle mir eine Cola, esse Reis und Hähnchen, vom Obst nehme ich mir eine Banane, all das schmeckt gut, aber für mich gilt als oberste Prämisse „cook it, peel it or forget it“. Soweit ich beobachten kann, bin nur ich in der Gruppe so wählerisch.


Zum Abschied erhält jeder noch ein Päckchen Kaffee in einem sehr schönen Täschchen. 

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Am frühen Nachmittag sind wir wieder zurück auf der Ngare Sero Mountain Lodge. Wir haben Freizeit und werden erst wieder zum Abendessen zusammentreffen.


Tag 6 – Arusha - Karatu

Ein eher unspektakulärer Reisetag und der Guide stellt die Reiseroute vor


Wenn ich es richtig verstanden habe, gibt es heute Morgen in unserer Gruppe die ersten Klagen über Magenprobleme.


Sind Magenprobleme zuhause schon nicht erstrebenswert, sind sie auf einer Reise mindestens unangenehm. Auf einer Gruppenreise, die einem vorgegebenem Zeitplan folgt und bei der man nicht einfach eben individuelle Umstellungen vornehmen kann, sind sie zudem mehr als hinderlich. Kommt dann noch die Kombination Gruppenreise und Safari zum Tragen, kann dies für den Betroffenen durchaus zu Situationen führen, die man sicherlich nicht selbst als direkt Betroffener erleben möchte. Während einer Safari ist es nun einmal nicht möglich, jederzeit das Fahrzeug zu verlassen.


Ich habe mir vorgenommen, weiterhin einen großen Bogen um ungekochtes/nicht gegartes und geschältes Essen zu machen. Eiswürfel sind ohnehin ein No-Go für mich. Ob ich damit verschont bleibe, weiß ich nicht, aber ich tue mein Möglichstes mit diesen einfachen Vorsichtsmaßnahmen, um unvermeidliche Situationen zu vermeiden. 


Im Programmheft für den heutigen Start in den Tag lese ich unter der Überschrift „Am Fuße des Mount Meru“: Nach einem gemütlichen Frühstück geht es auf Erkundungstour. Exotische Flora, soweit das Auge reicht und als Hintergrundmusik zahlreiche zwitschernde Vögel. Wenn sich dann auch noch der Mount Meru zeigt, dann ist der Hintergrund perfekt. Aber auch ohne wird es Sie verzaubern. 


Ich frage mich, wo wir die exotische Flora und die zahlreichen zwitschernden Vögel mit dem sich möglicherweise im Hintergrund zeigenden Mount Meru erleben werden. Gleich nach dem Frühstück erhalte ich die Antwort: auf dem Gelände der Lodge. Okay, irgendwie hatte ich anderes erwartet, aber zugegebenermaßen lässt die Beschreibung großen Interpretationsraum und es steht nichts Falsches im Programmheft. 


Wir laufen über das sehr weitläufige Gelände und passieren einen Bereich, auf dem Backsteine gebrannt werden. Der Pfad führt an dem zur Lodge gehörenden See vorbei, den Mount Meru sehe ich nicht, zwitschernde Vögel sind genauso viel und genauso wenig gegenwärtig wie die Tage zuvor. Im dunklen Dickicht der Bäume tummeln sich Colobusaffen und Blaumeerkatzen, ich bekomme jedoch davon keine wirklich vernünftigen Fotos zustande. Wenigstens gelingt mir noch ein schönes Bild eines Schmetterlings, an einer Spinne in beachtlicher Größe muss ich vorbei gelaufen sein, sehe diese dann aber später auf dem Handybildschirm eines Mitreisenden.

Das Essen in dieser Lodge finde ich hervorragend, so auch wieder das heutige Mittagessen, das wir an einem überdachten Platz mit wunderschönem Seeblick einnehmen. 


Mit gut gefülltem Magen, zumindest ist das bei mir der Fall, starten wir in unseren zwei Fahrzeugen Richtung Karatu. Die Straßenszenen, die sich mir beim Blick aus dem Fenster bieten, sind so ganz neu für mich, so etwas habe ich auch bisher nicht im südlichen Afrika gesehen. Der ganze Hausstand wird direkt an der Straße angeboten, sogar Särge kann man neben der Fahrbahn erwerben. Der Verkehr hat es in sich, hier möchte ich definitiv nicht selbst fahren und stelle fest, dass ich allergrößten Respekt vor den Touristen habe, die sich in dieses Abenteuer stürzen.


Nach gut 3,5 Stunden Fahrt, währenddessen ich bei Gesprächen die beiden anderen Paare im Fahrzeug noch etwas näher kennenlerne, erreichen wir Karatu. 


Die nächste Nacht verbringen wir in der Highview Coffee Lodge, die über 8 Zimmer in Doppelbungalows verfügt und inmitten einer Kaffeeplantage liegt. Insgesamt eine schöne Anlage mit gepflegten Zimmern. Wir werden von 4 tanzenden und Sprünge vorführenden Maasai begrüßt. Sicherlich nett gemeint, aber dieses Tourispektakel ist so ganz und gar nicht meins und ich bin heilfroh, als die kurze Vorführung endet. 


Nachdem ich das Zimmer bezogen habe, laufe ich noch ein wenig auf der Anlage umher, mache ein paar Bilder und schon ist Zeit zum Abendessen, das in einem separaten Zelt serviert wird. Ich bin hellauf begeistert, von dem aus kleinen Perlen gefertigten Chamäleon, das als Deko seinen Platz auf dem Tisch gefunden hat. 

Nach dem Essen stellt uns Moses die Route unserer Reise vor, die ich aus dem Effeff aufsagen könnte. Er kommt mit der Vorstellung nur bis zur zentralen Serengeti, also genau genommen bis zum übernächsten Übernachtungsort, wo er 3 Nächte in Folge ankündigt, bis ich ihn das erste Mal unterbreche. Nein, wir werden dort nur zwei Nächte bleiben, um im Anschluss in die nördliche Serengeti zu fahren. Ich kann einfach nicht schweigen, denn ist doch die nördliche Serengeti für mich einer der beiden Hauptgründe für diese Reise. Ich habe Bedenken, dass der Reiseplan ohne mein Wissen umgeworfen wurde. Okay, wir einigen uns nach kurzem Hin und Her auf meine Aussage, also auf 2 Nächte. Geht doch. 


Leider muss ich ihn dann bald schon wieder korrigieren. Will er uns doch in das Halisi Natron Camp verorten. Wenige Tage vor Abreise erhielt ich einen Anruf vom Veranstalter, der mir mitteilte, dass sie eine Umbuchung haben vornehmen müssen von dem ursprünglich gebuchten Halisi Natron Camp in das Lake Natron Camp. Ich erhalte diesmal Zustimmung der anderen Teilnehmer, denn auch diese können sich an den Anruf mit einer Umbuchungsmitteilung, wenn auch nicht an den Namen des Camps, erinnern.


Moses erwähnt dann eine andere Lodge, in der Lake Natron vorkommt, aber nicht das Lake Natron Camp. Ich beharre mehrmals darauf, aber ich habe den Eindruck, er hört nicht zu oder will nicht zuhören, wieso sollte ein Gast das auch besser wissen als der Guide …. Welche Folgen dies später noch mit sich bringen wird, ahne ich in diesem Moment noch nicht. Was ich jedoch ahne, soviel Widerspruch eines Gastes ist unser Guide sicherlich in der Regel nicht gewöhnt.


Wieder einmal konnte ich nicht so recht aus meiner Haut heraus, die, die schon die eine oder andere individuelle Reise selbst geplant hat.


Mein Auftritt hat nun zur Folge, dass ich die nächsten Tage von Mitreisenden des Öfteren nach dem Tagesziel gefragt werde und auch schon einmal um Bestätigung des von Moses angekündigten Plans.


So geht ein recht unspektakulärer Reisetag zu Ende.



„Wer die Abenteuerlichkeit des Reisens ins Blut bekommt, wird diese nicht wieder los.“   - Bruno H. Bürgel

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