Valles Calchaquíes
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Buenos Aires
Valles Calchaquíes
Quebrada de las Conchas
Valles Calchaquíes
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Argentiniens Puna
"La Puna deja huellas" oder "Im Höhenrausch"
- Teil 6 El Peñón bis Reiseende -
Tag 11 – El Peñón - Colomé
Abschied von der Puna
Heute ist der Abschied gekommen. Abschied von der Puna. Tatsächlich bin ich sogar froh, dass ich nun die Puna verlasse. Ich merke, dass ich nichts mehr aufnehmen kann. Meine Festplatte ist zum Zerbersten voll. Es liegen viele Tage hinter mir, in denen ich von morgens bis abends keine Minute des Durchschnaufens hatte, ständig prasselten neue, unvorstellbare schöne Eindrücke auf mich herab und genau diese fordern nun ihren Tribut. Ich benötige ganz dringend Zeit für mich, um alles zu verarbeiten und bin einmal mehr erfreut darüber, wie ich meine Reise aufgebaut habe. Den heutigen Tag kann man getrost als Transfertag bezeichnen und der morgige wird der Entspannung in, so erhoffe ich mir, traumhafter Umgebung eines Weingutes dienen.
Nach fast einer Woche ohne Kontakt zu meinem Mann lechze ich geradezu danach, mit ihm telefonieren zu können. Ich hoffe darauf, dass ich bereits in Hualfin seine Stimme vernehmen kann, spätestens jedoch in Cafayate; aber je früher das sein wird, umso besser. Auch bin ich gespannt, was mein Zahnarzt zum Foto mit meinem entzückenden Lächeln gesagt hat. In den letzten Tagen habe ich mich schon mit dem Kreislauf angefreundet; tagsüber unterschiedlich weiß gefärbte Zähne mit zusätzlichen hellweißen Sprenkeln zu sehen, die wundersamerweise über Nacht verschwinden, um sich dann ziemlich schnell am Tag wieder zurückzumelden.
Bevor wir heute in gemäßigte Höhen von unter 3.000 Metern fahren werden, zeitweise werden wir uns in Cafayate sogar unter 2.000 Metern befinden, müssen wir ein letztes Mal eine Passhöhe bewältigen mit der markanten 4 zu Beginn der vierstelligen Höhenmeterangabe. Nach dem Aufstehen sind die Sprenkel auf meinen Zähnen einmal mehr verschwunden, aber ich rechne damit, dass ich ihnen auch heute ein Bienvenidos entgegnen kann, auch wenn ich sehr gerne darauf verzichten würde.
Wie zumeist üblich während unserer Reise, verlassen wir gegen kurz nach acht Uhr morgens unsere Unterkunft. Ich merke bereits schon jetzt, dass ich heute wohl ein wenig fotografierfaul bin. Das Adjektiv lazy fällt im Laufe des Tages einige Male in unserem Wagen von der Beifahrerseite. Wir fahren durch eine Landschaft, die mich normalerweise dazu veranlassen würde, um mehrere Stopps zu bitten, lägen diese unglaublichen Eindrücke der vergangenen Tage nicht hinter mir. So aber schaffen es nur die letzten Vikuñjas auf dieser Reise, dass diese Bitte von mir geäußert wird oder war es doch eher mein Guide, der anhielt? Egal, ein paar Fotos im nicht gerade besten Licht werden nun doch noch von mir geschossen.
Nach diesem Stopp schraubt sich die Straße weiter nach oben und würde mein Guide nicht darauf hinweisen, dass wir einmal mehr die 4.000er Marke überschritten haben, wären es wohl nur meine Zähne, die dies vermelden würden und die jedem Höhenmesser zur Ehre gereichen. Nicht lange befinden wir uns aber in diesen Regionen und fortan windet sich die Straße Höhenmeter um Höhenmeter nach unten. Die Vegetation nimmt zu und irgendwann haben wir die Straße erreicht, auf der wir bereits vor 12 Jahren von Cafayate nach Chañarmuyo gefahren sind. Diesmal geht es jedoch nordwärts. Mein Handy behalte ich von nun an fest im Blick und kurz vor Hualfin erscheint auf dem Display das so sehnsüchtig erwartete Zeichen. Ich habe Empfang. Mein Guide will in Hualfin tanken, ich will telefonieren. So hat jeder von uns für die nächsten Minuten einen festen Plan. Der Unterschied wird nur sein, ich werde Erfolg haben, mein Guide weniger.
Während mein Guide hören muss, dass es keinen Diesel gibt und wie ich im Anschluss erfahre, dass dies derzeit in Argentinien keine Ausnahme darstellt, denke ich bei mir, gut, dass er für Ersatzdiesel vorgesorgt hatte. Ich frage ihn, ob dieser Engpass nur Diesel oder auch anderen Treibstoff betrifft und ob dies nur im eher ländlich geprägten Argentinien ein Problem sei. Seine Antwort fällt ernüchternd aus, nein, mal fehlt Diesel, mal Benzin, mal beides, auch sei es egal, ob man wie jetzt in Hualfin oder in einer größeren Stadt tanken möchte. Man muss einfach darauf vorbereitet sein, dass man seinen Tank nicht gefüllt bekommt oder gegebenenfalls in einer langen Schlange darauf hoffen muss, die begehrte Flüssigkeit zu ergattern.
Ich hingegen habe mehr Glück. Ich telefoniere mit meinem Mann. Es ist einfach nur schön, seine Stimme zu hören. Er berichtet mir, dass meine Zahnprobleme aufgrund der extremen Trockenheit in der Höhe entstanden sind, sich das Ganze aber in niederen Höhenlagen nach und nach bessern sollte. Zudem sei es kein Grund zur Besorgnis. Jetzt bin ich beruhigt, aber frage mich gleichzeitig, was ich noch hätte trinken sollen. Alleine nachts habe ich meine drei Wasserflaschen jedes Mal geleert, das alleine sind 2 Liter. Tagsüber habe ich noch deutlich mehr getrunken. Ich denke, diese Trockenheit muss man tatsächlich selbst erlebt haben, um sie zu begreifen.
Die Strecke bis Cafayate ist eher ereignislos. Den einzig lohnenswerten Stopp für die Ruinas de Quilmes habe ich abbestellt, da wir diese Ruinen bereits vor 12 Jahren besichtigt haben und wir heute ohnehin eine straffe Fahrstrecke hinter uns legen müssen.
In Cafayate halten wir für eine verspätete Mittagspause und essen in einem Restaurant an dem zentralen Platz beide ein Sandwich. Ich fühle mich gedanklich um mehrere Jahre zurückversetzt, nur dass der Tourismus auch in diesem Städtchen merklich zugenommen hat.
Auch die Strecke bis zur Abzweigung in Molinos der Valles de Calchaquíes kenne ich von der damaligen Reise, wenn auch aus der anderen Richtung.
Ein Stopp gilt einem Friedhof recht nahe an der Straße unweit der Quebrada de las Flechas. Ein Friedhof ist per se kein Quell der Freude, aber diesen hier empfinde ich ganz besonders trostlos. Möglicherweise gar der traurigste und trostloseste, den ich bisher gesehen habe. Einzig die (Papier-)Blumenkränze an einigen Gräbern, die höchstwahrscheinlich zu Allerheiligen aufgefrischt wurden, verleihen diesem Ort wenigstens ein klein wenig Farbe. Viele Gräber verzeichnen noch nicht einmal Namen und dort, wo ich eine Zahl lesen kann, stelle ich nicht selten fest, dass einige der Gräber 80 Jahre und älter sind. Dennoch hängen auch an diesen vereinzelt Blumenkränze.
Auf unserer damaligen Reise waren wir auf diesem Streckenabschnitt recht spät dran und passierten die Quebrada de las Flechas im einsetzenden Abendlicht, zudem mit einem stark wackelnden Beifahreraußenspiegel an unserem Fahrzeug. Heute steht die Sonne noch hoch am Himmel und die Außenspiegel sitzen fest, so haben wir für die Quebrada diesmal mehr Zeit und nutzen diese für kurze Fotostopps.
Es ist bereits 18:00 Uhr, als wir unser Ziel, die Estancia Colomé erreichen. Wir waren 10 Stunden unterwegs, ein langer Fahrtag liegt hinter uns. Alle Anstrengung ist vergessen bei Ankunft an diesem Ort. Ist das hier zauberhaft, so habe ich mir das vorgestellt. Insgesamt verfügt Colomé über 9 Zimmer. Mein Zimmer hat einen grandiosen Balkon mit wunderbarem Blick auf die Weinfelder. Hier werde ich mich definitiv die folgenden zwei Nächte sehr wohl fühlen. Schade nur, dass ich hier erneut keinen Handyempfang habe, zu abgelegen ist auch dieses Tal. Das Abendessen ist ganz hervorragend, ebenso wie der hauseigene Torrontés, den ich aus den angebotenen Hausweinen wähle.
Tag 12 – Colomé
Erholung von der Puna
Heute steht keine Autofahrt an. Es ist schön, einmal nicht durchgeschaukelt zu werden. Mein Guide hat ebenfalls frei und ich werde ihn zur Mittagszeit nur einmal kurz sehen.
Nicht ganz so früh wie die letzten Tage gehe ich zum Frühstück, ich habe länger geschlafen. Keine Planungen drängen mich heute. Wie steht es so schön in meinem Übersichtsplan, den ich von der Agentur erhalten habe, „Colomé at leisure“ und genau dieses „Leisure“ habe ich mir in extensiver Form für heute vorgenommen.
Nachdem ich ausgiebig gefrühstückt habe, laufe ich zuerst durch den wundervollen Bereich, in dem sich das „Hotel“ mit seinen gerade einmal 9 Zimmern befindet. Colomé gehörte bis zur Jahrtausendwende der Familie Dávalos, die heute noch das Weingut Tacuil betreibt und das wir zu Beginn meiner Reise besucht haben, gerade einmal 20 Kilometer entfernt von hier. Fünf Generationen war Colomé im Besitz der Familie Dávalos. Im Jahr 2001 erwarb die Schweizer Hess Gruppe dann Colomé. Gegründet wurde Colomé im Jahr 1831 und ist eines der ältesten und bis vor nicht allzu langer Zeit gemeinsam mit Tacuil das Weingut mit den höchstgelegenen Weinanbaugebieten. Die Architektur gefällt mir einfach zu gut, wie überhaupt das gesamte Areal. Obwohl ich nur sehr wenig Alkohol trinke, genieße ich immer wieder die Kulturlandschaften von Weingütern. Sie strahlen eine unglaubliche Ruhe auf mich aus, es ist so erholsam, einfach Balsam für die Seele. Hier in dieser Höhe kommt noch das besondere Licht hinzu, das ich so mag.
Anschließend streife ich sehr lange über kleine Wege, die durch die Weinfelder führen. Hier könnte ich es durchaus noch einen Tag länger aushalten.
Ich versuche mein Glück mit Fotos an einem kleinen Insekt. Kakteen blühen zu dieser Jahreszeit.
Es ist so wunderschön und zudem recht warm. Ich besuche den Bereich, wo die Weinverkostungen stattfinden, und blicke auf das James Turrell Museum, in dem ich am frühen Abend noch einen Termin haben werde.
Zwischen 2 und 3 Stunden streife ich über das Gelände, bevor ich mich in mein Zimmer und die Terrasse mit sagenhaftem Ausblick zurückziehe. Ich schreibe in mein Reisetagebuch, lese und entspanne; oder wie würde es der Reiseplan noch einmal ausdrücken? „Colomé at leisure“, das kann ich wahrlich gut.
Gegen 18:00 Uhr findet mein „Colomé at leisure“ ein Ende, denn ich habe mich für die Weinverkostung und den Besuch im James Turrell Museum angemeldet. 8 weitere Gäste, allesamt Argentinier, nehmen an der Tour teil. Extra für mich wird mir eine sehr nette Angestellte zur Seite gestellt, die für mich ins Englische übersetzen soll, wenn ich etwas nicht verstehe. Das finde ich einen prima Service, gerade nach einer Weinprobe könnte die Konzentration schon ein wenig nachlassen. Drei Weine kosten wir, einen weißen und zwei rote. Obwohl ich wahrlich kein großer Weinkenner bin, muss ich sagen, alle recht köstlich, auch wenn einmal mehr der Torrontés mein Favorit ist. Eigentlich alles wie immer.
Colomé liegt nun wahrlich nicht gerade zentral, bis Salta fährt man 5 bis 6 Stunden, davon etwa die Hälfte auf teilweise sehr enger Piste, man könnte auch sagen, Colomé liegt im Zentrum von Nirgendwo und wer vermutet an diesem Ort ein Museum? Noch dazu ein solch modernes Museum, wie das von James Turrell, einem der bekanntesten zeitgenössischen Lichtkünstler. Im Jahr 2009 eröffnete das Museum. Gezeigt werden ausschließlich Lichtinstallationen von James Turrell. Fotografieren im Inneren ist nicht erlaubt. Ich hatte mich schon sehr auf dieses Museum gefreut, seit Jahren liebäugelte ich immer wieder mit einem Besuch und als ich vor einiger Zeit auf Arte eine Dokumentation über das Museum sah, stand für mich fest, komme ich noch einmal in diese Gegend, ist der Besuch von Colomé gesetzt. Nun bin ich also hier und stapfe in Stoffüberziehern für die Schuhe in freudiger Erwartung den Lichtinstallationen entgegen. Wir erhalten jeder einen Audioguide, meiner spricht sogar Deutsch.
Im ersten Raum wird durch die Lichtinstallation eine grüne Pyramide projiziert. Weiter geht es durch einen Gang, den ich unglaublich beindruckend finde. Ich gehe durch verschiedene Bereiche des Gangs, nur unterteilt durch unterschiedlich farbiges Licht. Dann müssen wir einige Stufen erklimmen und stehen in der Lichtinstallation Spread. Alles um mich herum ist Blau. Der Raum wirkt unendlich, keine Konturen, nichts gibt es hier, an dem ich mich orientieren könnte, ich könnte mich hier verlieren, inmitten einer Welt, bestehend aus einer einzigen Farbe, aus Blau. Diese Installation ist unglaublich und ich fühle mich wie mittendrin in einem Hollywood Science-Fiction-Film. Bisher macht mich das Museum sprachlos, im positiven Sinn.
Als Nächstes betreten wir den schwarzen Raum. Hier ist es stockfinster und man soll sich eine Weile aufhalten, bis sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben und man etwas sieht. Dieser Raum spricht mich nun gar nicht an, die Begeisterung bricht sich auch nicht ihre Bahn, als einige aus der Gruppe ihr Handylicht anschalten. Das Ganze ist eher kontraproduktiv.
Am Ende der Tour kommt das Highlight. Zumindest habe ich es mir so seit der Dokumentation vorgestellt. Im Dach ist ein Fenster mit Sicht in den Himmel eingebaut. Man kann auf dem Boden liegen und während der Dämmerung und des Sonnenuntergangs hinausschauen, gleichzeitig erhellt sich alles in den verschiedensten Farben. Auf dem Boden liegen Decken und Kissen. Wie alle anderen lege ich mich hin und schaue nach oben. Der Boden ist knochenhart und eiskalt. Obwohl ich noch eine Decke zum Zudecken erhalte, kriecht die Eiseskälte vom Boden immer mehr in meinen Körper. Ich schaue nach draußen. Insgesamt soll die ganze Vorstellung 40 Minuten dauern. Das Einzige, was ich feststelle, ist, dass ich auf dem harten Boden friere. Irgendwie springt bei mir kein Funke über. Das Ganze strahlt auf mich etwas Esoterisches und Mediatives aus. Nach etwa 10 Minuten, mittlerweile ist mir so kalt, dass ich schon Bedenken habe, mir eine Blasenentzündung zu holen, entscheide ich, aufzustehen und zu gehen. Dieser Raum macht mich auch sprachlos, nur diesmal nicht im positiven Sinn.
Ich lege meinen Audioguide im Vorraum ab und will gerade vor die Tür treten, als der Guide des Museums und meine Übersetzerin hinzukommen. Ich entschuldige mich, dass ich gehe, sage aber gleichzeitig, dass ich mit dieser letzten Lichtinstallation so rein gar nichts anfangen kann. Hin und wieder käme das vor, wird mir gesagt. Nun gut, wohl eher selten, aber ich bin nicht die Einzige.
So verlasse ich gemeinsam mit meiner sehr netten Begleitung, die darauf besteht, mit mir gemeinsam im Dunkeln durch die Weinfelder zurück zum Hotel zu gehen, das Museum, das mich mit sehr gemischten Gefühlen verabschiedet. Einerseits fand ich einige Lichtinstallationen genial, wie den vielfarbigen Gang und den unglaublichen kontur- und endlosen blauen Raum, andererseits erschließen sich mir nicht die Lichtinstallationen des schwarzen Raumes und des letzten, wo man in den Himmel schaut. Aber so ist es wohl mit (moderner) Kunst.
Das Abendessen ist wieder vorzüglich. Gerade als ich eigentlich schon gehen will, spricht mich das Paar vom Nebentisch auf Englisch an. Es stellt sich heraus, dass es ein deutsches Paar ist. Sie laden mich an ihren Tisch ein und wir unterhalten uns noch eine ganze Weile äußerst angeregt. Das war eine sehr nette Begegnung.
Tag 13 – Colomé - Salta
Zurück auf Anfang, zurück nach Salta
Langsam nähert sich meine Reise dem Ende. Nach einem wieder ausgezeichneten Frühstück starten wir gen Salta. Einen Großteil der Strecke kenne ich bereits und so genieße ich die Fahrt auf zuweilen enger Piste nach Cafayate. Wir fahren bereits schon seit einiger Zeit auf asphaltierter Straße und haben nun endgültig die Staubpisten hinter uns gelassen.
Es ist die erstaunlich kurze Zeit, in der die Pestaña de Perro blüht, für die wir einen Stopp am Wegesrand einlegen. Die eindrucksvolle Blüte macht ihrem Namen alle Ehre, dessen Übersetzung im Deutschen „Hundewimper“ lautet.
Die Zivilisation hat uns nun endgültig wieder. Ich muss mich tatsächlich an die Menschenmenge in der Quebrada de las Conchas gewöhnen. Wenn ich ehrlich bin, ist auch hier nicht viel los, an anderen Touristendestinationen würde man wohl von wenig besucht sprechen. Aber immer noch von den menschenleeren Gegenden der Puna geprägt, merke ich, dass es mir derzeit doch ein wenig schwer fällt, mit anderen unterwegs zu sein.
Vor 12 Jahren sind mein Mann und ich in eine Piste abseits der Asphaltstraße eingebogen, weil die Felsformationen so vielversprechend aussahen, was sie dann auch waren. Kein Schild, kein Hinweis führte uns. Wir hatten scheinbar den richtigen Riecher, heute befindet sich hier ein Parkplatz und man muss seinen Weg zu Fuß fortsetzen. Auf dem Parkplatz steht nur ein Fahrzeug.
Die Fahrt entlang der Quebrada de las Conchas ist wieder sehr schön, so wie ich es in Erinnerung habe. Wir halten für einen Fotostopp an den mir ebenfalls bereits bekannten Punkten, dem Amphitheater und der Garganta del Diablo.
Bis Alemania sind wir damals gefahren und dann nach Cafayate zurückgekehrt. Ich stelle fest, das war genau richtig, denn unweit von Alemania wird die Strecke bis Salta eintönig und der Verkehr nimmt merklich zu.
Am Nachmittag sind wir zurück in der Finca Valentina. Alle erinnern sich noch an mich und die Begrüßung fällt entsprechend herzlich aus. Hier fühle ich mich einfach wohl. Diesmal erhalte ich ein Zimmer in einem der beiden kleineren separat stehenden Gebäude. Auch dieses Zimmer ist sehr schön.
Heute verabschiede ich mich von meinen Wanderschuhen, die sich langsam auflösen. Bereits in Cachi hatte ich erste Verschleißerscheinungen festgestellt und gehofft, dass sie noch ein paar Tage durchhalten, was sie dann auch taten, aber die Puna hat ihnen den Rest gegeben.
Die Zeit bis zum köstlichen Abendessen verbringe ich damit, meine Sachen zu sortieren, entsprechend für den Inlandsflug zu packen und mich auszuruhen.
Tag 14 – Salta – Buenos Aires
Adiós NOA - Bienvenidos a Buenos Aires
Nach dem Frühstück holt mich mein Guide ab und bringt mich zum nicht allzu weit entfernten Flughafen von Salta. Der Check-in verläuft problemlos und ich verabschiede mich von meinem erstklassigen Guide. An einem der Verkaufsstände werde ich fast schwach, kann mich dann aber doch zurückhalten und kaufe nicht noch ein weiteres Plüschlama, schließlich habe ich seit gestern Juanita Blanca wieder. Sie hatte ich in der Finca Valentina gelagert, um sie nicht nach zwei Wochen in Juanita Gris umtaufen zu müssen.
Mein Flug mit der Aerolineas Argentinas startet pünktlich und die 2 Stunden bis Buenos Aires verlaufen ruhig. Wir landen am innerstädtischen Flughafen Aeroparque Jorge Newberry. Eigentlich sollte mein Transfer auf mich warten, aber weit und breit ist nichts von ihm zu sehen. Daher beschließe ich, mir eine Remise zu nehmen. Dann taucht mein Fahrer doch noch auf. Er entschuldigt sich mit der Erklärung, er hätte nicht damit gerechnet, dass ich so schnell aus dem geschützten Bereich herauskommen würde. Nun gut, die Fahrt zu meinem Hotel dauert nicht lange.
Bereits während meiner ersten Argentinienreise vor knapp 20 Jahren wohnte ich im Marriott Hotel, das damals noch in einem alten, für Buenos Aires so typischen, herrschaftlichen Palast an der Plaza San Martín untergebracht war. Nach so langer Zeit habe ich mich wieder für das Marriott entschieden, das mittlerweile in das Gebäude umgezogen ist, in dem sich bis vor nicht allzu langer Zeit das Hotel Panamericano befand. Der Dachterrasse des Panamericano haben wir vor 12 Jahren einen Besuch abgestattet, nachdem man so freundlich war, uns diesen als Nichtgäste zu genehmigen. Von dort oben hat man einen wundervollen Blick auf die Avenida 9 de Julio und das war der Hauptgrund für meine Wahl.
Nicht gerechnet hatte ich damit, dass ich ein solch schönes Zimmer mit perfektem Ausblick erhalten würde. Umso größer ist meine Freude, als ich die Tür zu meiner Bleibe für die nächste Nacht öffne.
Ohne irgendwelche Wertsachen und nur mit ein wenig Bargeld laufe ich am späten Nachmittag noch ein wenig in der Innenstadt umher und kaufe mir in der Buchhandlung eine Tierbestimmungskarte und einen Reiseführer zu einem Teil Argentiniens. Aus dieser Reiseführerserie besitze ich bereits mehrere. Diese sind bei uns zuhause nicht zu bekommen. Zumindest weiß ich nicht, wo ich diese kaufen könnte. Darüber hinaus erwerbe ich mehrere mit Queso und Quinoa gefüllte Empanadas, das wird mein Abendessen werden.
Als die Nacht hereinbricht, kann ich mich kaum vom Ausblick auf Obelisk und Teatro Colón trennen, aber ich muss mich auch nicht groß anstrengen, vieles kann ich direkt vom Bett aus sehen. Zwischendurch erstrahlt der Obelisk in Regenbogenfarben. Was habe ich doch für ein Glück mit diesem schönen Zimmer. Da bestätigt sich tatsächlich nicht, dass man als Einzelreisende(r) nur eine Abstellkammer erhält.
Tag 15 – Buenos Aires - Rückflug
Hotel mit Ausblick
Ich lasse es langsam angehen, schlafe etwas länger und gehe dann frühstücken. Auch wenn es in diesen großen Businesshotels nicht unbedingt gemütlich zugeht. Normalerweise bevorzugen wir kleinere Unterkünfte, aber ich muss sagen, ich bin trotzdem mit der Wahl meines Hotels für diese eine Nacht sehr zufrieden. Die Lage ist perfekt und mein Zimmer mit Aussicht ebenso. Da gibt es nichts zu meckern.
Nach dem Auschecken habe ich noch ein wenig Zeit und diese nutze ich, um auf die Dachterrasse zu fahren. Hier oben befindet sich ein Pool, den ich genauso wunderschön in Erinnerung habe. Von der Dachterrasse schaut man auf die Avenida 9 de Julio.
Dann ist es auch schon Zeit, mein Transfer ist da. Die Fahrt zum Flughafen in Ezeiza verläuft ohne Stau, aber es ist auch Sonntag. Der Rückflug mit der Lufthansa ist pünktlich und die knapp 13 Stunden verbringe ich mit Essen, Schlafen, Essen und so vergeht auch diese Zeit recht schnell. Der Service ist wieder sehr zuvorkommend und auch hier gibt es nichts zu beanstanden.
Tag 16 – Ankunft Frankfurt
Wieder zuhause
Pünktlich landet der Kranichflieger in Frankfurt. Leider muss ich fast eine Stunde auf mein Gepäck warten, obwohl es mit Priority gekennzeichnet ist. Dann endlich sehe ich meinen Mann wieder, er holt mich ab. Ich freue mich sehr.
Fazit
La Puna deja huellas – Die Puna hinterlässt Spuren … anders kann ich es zusammenfassend nicht ausdrücken.
Ich bin geneigt zu sagen, es war für mich die perfekte Reise. Alles hat gepasst. Die Route und die Routenführung hätte ich nicht besser auswählen können, auch besonders in Bezug auf die Höhenanpassung. Die zusätzlichen Tipps von der Agentur, wie z. B. der Besuch des Weingutes in Tacuil, waren klasse.
Mit den Unterkünften, für die ich mich entschieden hatte, war ich rundum zufrieden. Natürlich muss man in der Puna auch Abstriche machen, aber wenn ich bedenke, in welchen Gegenden wir rundum Tolar Grande und El Peñón unterwegs waren, wäre ein Jammern über mein Nachtlager auf extrem hohen Niveau. Sowohl in der Finca Valentina als auch im El Cortijo sowie im Marriott habe ich mich ausgesprochen wohl gefühlt und die Estancia Colomé ist ohnehin eine Klasse für sich.
Mit meinem Guide hatte ich unglaubliches Glück. Er hätte seinen Job nicht besser machen können, nichts war ihm zu viel. Mit einer Reisebegleitung kann eine Reise stehen und fallen. Während der Reise habe ich drei weitere Guides der Agentur kennengelernt und nach meiner Einschätzung sowie aufgrund von Gesprächen mit anderen Gästen kann ich für mich sagen, würde ich auch sofort mit diesen Guides unterwegs sein wollen. Leider hatte ich in der Vergangenheit nicht immer solches Glück mit Guides; das kann eine Reise tatsächlich sehr trüben.
Ich bin zudem heilfroh, dass ich die Höhe wieder sehr gut vertragen habe. Wie bisher jedes Mal während meiner mehrmaligen Aufenthalte, die mich schon des Öfteren in Höhenlagen bis knapp unter 5.000 Meter führten; während der Reise in die Puna zum zweiten Mal sogar über diesen markanten Wert hinaus. Allerdings lege ich enormen Wert auf eine vernünftige Routenführung und baue eher einen oder zwei zusätzliche Reisetage für eine Akklimatisierung ein. Höhenprobleme, darüber muss man sich im Klaren sein, können einen dennoch trotz bester Vorbereitung treffen, aber ich kann mit einer entsprechenden Planung dafür sorgen, dieses Risiko für mich zu minimieren.
Extreme Trockenheit kannte ich bereits zuvor von der Antarktis und den Höhenlagen in Bolivien, Chile und Nordargentinien; gerade in diesem Dreiländereck kommt noch Staub hinzu, den ich zusätzlich als Belastung empfinde. Dennoch, diese Trockenheit, wie jetzt auf dieser Reise in der Puna, hat bei Weitem alles getoppt, was ich zuvor erlebt habe und die Reaktion meines Körpers, indem er literweise Wasser benötigte, ja, regelrecht im Minutentakt nach Flüssigkeitszufuhr geradezu schrie, sowie die Verfärbungen meiner Zähne bestätigen diesen Eindruck. Meine Fingerkuppen waren trotz regelmäßigen Eincremens so trocken, rau, haben sich geschält und ich hatte teilweise kaum ein Gefühl in diesen, dass es fast 2 Wochen nach Rückkehr gedauert hat, bis sie sich wieder normalisiert hatten. Meine Zähne waren da deutlich schneller auf Normalzustand. Trotzdem es mir gut ging, ist es doch ein Zeichen, dass diese Höhenlagen nicht spurlos an meinem Körper vorbei gegangen sind. Hier kann ich ebenso, wenn doch eigentlich anders gemeint, auch davon sprechen: La Puna deja huellas.
Das Einzige, was ich sehr bedauere, ist, dass ich dieses Reiseerlebnis nicht mit meinem Mann teilen konnte. Das macht mich traurig. Nichtsdestotrotz habe ich während der Reise genau geschaut, welche Strecken wir uns gegebenenfalls als Selbstfahrer, die schon einige Male alleine in Argentinien und Chile mit dem Auto unterwegs waren, zutrauen könnten. Dennoch bleibt die Ernüchterung, dass doch sehr viele Fahrstrecken für uns als Selbstfahrer nicht in Frage kommen werden. Vielleicht ändert sich das Ganze in einigen Jahren, sollte die Puna mehr Touristen anziehen.
Aber gerade in diesem Punkt bin ich ein wenig zwiegespalten. Einerseits wundert es mich sehr, dass diese Ecke so unbekannt und so einsam ist. Wie ich bereits im Prolog schrieb, ist mir kein einziger deutschsprachiger Reisebericht aus dieser Gegend bekannt und ich kenne nur sehr wenige, die bereits in dieser Gegend unterwegs waren und nicht alle hatten das Glück, all das zu sehen, was mir auf dieser Tour vergönnt war. Für die Erreichbarkeit einiger Ziele benötigt es zudem auch Glück, wie z. B. Mina Julía. Etwas Vergleichbares, obwohl schon ein wenig herumgekommen, habe ich noch nicht gesehen. Ich werde mich von der Vorstellung verabschieden, diese Erlebnisse toppen zu wollen. Sollte es woanders noch einmal gelingen, umso besser, aber es wird sehr schwierig werden.
Andererseits ist es aber auch sehr gut, dass die Puna nicht auf den gängigen Reiseplänen steht. Nur gut, dass ich es endlich in die Tat umsetzen konnte und jetzt dort war, nachdem mir dieses Ziel seit mehr als einem Jahrzehnt im Kopf herumgespukt ist. Hier muss ich auch meinem Mann danken, dem ich sehr lange in den Ohren lag, immer in der Hoffnung, wir könnten die Puna alleine mit Auto bereisen, um dann letztendlich doch immer wieder zu der Einsicht zu gelangen, dass es für uns einfach aus verschiedenen Gründen viel zu riskant ist. So hielten mich verschiedene Umstände davon ab, den letzten Schritt der Buchung zu tätigen, bis ich mich dann vor 1 ½ Jahren mit großem Zuspruch meines Mannes dazu entschied, diesen, meinen, Wunsch endlich in die Tat umzusetzen. Nahezu alle, die mich nach meinen Reiseplänen fragten, und denen ich das Ziel Puna nannte, wussten nicht, wohin es mich zieht. Solche unbekannten Ziele gibt es tatsächlich noch immer auf unserem Planeten, zum Glück noch nicht im Überfluss entdeckt von irgendwelchen Social Media Kanälen, auf denen sich die Selfie-Aufnahmen tümmeln. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es dort dann an einigen Plätzen aussehen würde.
Wenn ich von „La Puna deja huellas“ spreche, meine ich insbesondere das Folgende: Tagelang waren wir von morgens bis abends unterwegs. Nie, wirklich nie, gab es auch nur eine Minute der Langeweile, ständig prasselten neue Eindrücke auf mich nieder, Landschaften wechselten kontinuierlich, immer wieder neue, gewaltige Landschaften, die regelrecht hinter jeder Kurve auf mich warteten. Ich musste alle Sinne beieinander haben, um nichts zu verpassen. Augenlider schließen während der Fahrt hätte bedeutet, ich verpasse etwas, selbst, wenn es nur für Minuten gewesen wäre. Obwohl ich zuvor theoretisch wusste, was auf mich zukommen würde, habe ich Landschaften gesehen und Eindrücke gewonnen, die ich trotzdem so nicht für möglich gehalten hätte, die mich sprachlos machten, manchmal sogar Tränen in die Augen schießen ließen. Alle Bilder, die ich zuvor gesehen hatte, konnten nur einen winzig kleinen Bruchteil dessen wiedergeben, wie ich es dann in der Realität angetroffen habe.
Ich bin der Meinung, diese gewaltigen Szenerien kann man nicht auf Speicherkarte bannen, zumindest ich konnte es nicht, ich konnte es nur versuchen. Genau diese unaufhörlichen, gigantischen Eindrücke haben mich mental nach vielen Tagen tatsächlich erschöpft, sodass ich unglaublich froh war über meine Erholung in Colomé. Das mag möglicherweise auch daran liegen, dass ich nicht dazu neige, nur zu konsumieren, etwas Gesehenes abzuhaken und dann zum nächsten Sightseeing-Höhepunkt überzugehen. Ich möchte gerne die Eindrücke tief in mir festhalten und genau da kam ich dann spätestens nach dem Besuch von Campo de Piedra Pómez an meine Grenzen. Wenn man es so betrachtet, war auch von dieser Seite die Zeitplanung perfekt. Hinter mir liegt eine Reise von nur zwei Wochen, deren gesammelte Eindrücke locker für viele Wochen mehr gereicht hätten. Das ist zumindest mein Empfinden.
Darüber hinaus gibt es noch zwei Punkte, die mir besonders gut als i-Tüpfelchen gefallen haben. Ich wusste, dass wir den einen oder anderen Vertreter der Fauna antreffen werden, aber dass das dann doch in dieser Fülle geschehen wird, damit hatte ich nicht gerechnet. Da ich nicht nur eine Liebhaberin grandioser Landschaften bin, sondern auch dem „Tieregucken“ verfallen bin, hat mich das umso mehr erfreut.
Dann waren da noch die menschlichen Begegnungen auf dieser Reise, wenn auch nicht in großem Umfang. Diese waren allesamt sehr berührend und nicht selten haben sie mich ein ums andere Mal geerdet. Viele dieser Begegnungen wären ohne meinen Guide sicherlich so nicht möglich gewesen, noch weniger, wenn ich gar keine Spanischkenntnisse hätte - – wobei diese auch leider eher begrenzt sind.
La Puna deja huellas – Die Puna hinterlässt Spuren
„Wer die Abenteuerlichkeit des Reisens ins Blut bekommt, wird diese nicht wieder los.“
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Bruno H. Bürgel