Jordanien
Jordanien
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Jerash
Qusair Amra
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Wer ist schuld? Ganz klar, Indiana Jones!
- Teil 1 von Amman nach Petra -
Prolog
Ich saß in meinem Kinosessel, genoss die turbulente Geschichte, die über die Leinwand vor mir flimmerte, lachte über die Streitigkeiten zwischen Vater und Sohnemann, fieberte mit, wenn die Peitsche bei hanebüchener Action zum Einsatz kam und dann – ganz plötzlich – war ich gefangen; gefangen von den Aufnahmen einer schmalen Felsschlucht, durch die sich die Protagonisten reitend dem Ausgang näherten, wo sich ein aus Fels modelliertes Bauwerk nach und nach ins Blickfeld schob und wo Familie Jones die Bundeslade vermutete. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass plötzlich die Abenteuer von Harrison Ford aka Indiana Jones (oder sollte ich besser schreiben „von Junior“) und seinem Filmvater, Sean Connery, in den Hintergrund rückten.
Sollte diese Schlucht und dieses Bauwerk tatsächlich real existieren oder war es nur eine Hollywood-Kulisse, erbaut in irgendwelchen Studios in der Stadt der Engel? Noch nie zuvor hatte ich Bilder davon gesehen. Ich war wie besessen davon, heraus zu finden, wo sich diese Wunderwelt befände und recherchierte. Damals, Ende der 1980ziger Jahre, gab es noch kein Internet, das ein minutenschnelles Ergebnis auf eine Suche geliefert hätte. Trotz analoger Recherche wurde ich fündig und so hörte ich das erste Mal von der sagenhaften Felsenstadt der Nabatäer mit dem Namen Petra, gelegen im Königreich Jordanien. Petra, so erfuhr ich im Zuge dessen, ist nicht nur ein populärer Vorname bei uns, sondern bedeutet übersetzt Fels. Einen passenderen Namen für diesen Ort konnte man wohl kaum finden. Auf jeden Fall stand nun für mich fest, dass ich unglaublich gerne Petra einmal in meinem Leben mit eigenen Augen sehen wollte. Wer hätte das gedacht, dass aus einem Kinobesuch dieser Wunsch erwachsen sollte, noch weniger, dass Indiana Jones der Urheber dessen sein sollte, also quasi daran Schuld hat.
Viele Jahre vergingen, Jordanien war immer als eines meiner Wunschreiseziele im Hinterkopf, wurde aber doch wieder von anderen Zielen aus verschiedenen Gründen verdrängt. Dann aber hatte ich eine Woche Urlaubszeit und ich schaute einmal mehr nach einer geeigneten Rundreise für mich, da ich alleine reisen musste. Wie der Zufall es wollte, hatte ich einige Zeit zuvor über ein Reiseforum eine sehr nette Bekanntschaft gemacht, die Chemie zwischen uns stimmte sofort. Mein Mann und ich lernten sie auf einem Forentreffen auch persönlich kennen und als ich ihr dann von meinen Plänen erzählte, war sie gleich Feuer und Flamme und so buchten wir die Rundreise – wie üblich mit ein paar Anpassungen. Wir würden einen Tag früher fliegen, da wir uns die Wüstenschlösser östlich von Amman anschauen wollten. Für diesen Tagesausflug buchten wir uns einen Privatfahrer, ebenso buchten wir die Flüge separat sowie zwei Einzelzimmer für die Rundreise. Nichts stand mehr im Wege für unsere Reise zu den Höhepunkten des Haschemitischen Königreiches Jordanien.
Tag 1 – Flug Frankfurt - Amman
Nachtflug
Um 20:25 Uhr startet die Lufthansa Maschine zum Direktflug nach Amman, der Hauptstadt Jordaniens.
Tag 2 – Flug Frankfurt – Amman (Wüstenschlösser)
Schlösser im kargen Sand
Quasi mitten in der Nacht um 01:35 Uhr landet die Maschine in Amman. Nachtflugverbot scheint man hier nicht zu kennen. Wir werden zum Hotel Ibis gebracht, wo wir einschließlich heute für 4 Nächte gebucht sind. Mein Einzelzimmer, das eigentlich ein Doppelzimmer ist, ist praktisch, sauber und recht groß. Hier und im Hotel insgesamt gibt es nichts zu meckern.
Am späten Vormittag werden wir zwei Touristinnen von einem Fahrer abgeholt, der uns nacheinander zu den drei Wüstenschlösser bringen wird, die sich östlich von Amman an der Straße Richtung Irak befinden.
Der erste Eindruck vom Wüstenschloss Qasr al-Kharana lautet für mich quadratisch und praktisch. Insgesamt ist das Bauwerk noch gut erhalten, wie es sich hier in der Ebene aus dem kargen Boden erhebt. Man ist sich nicht sicher, ob es einmal eine Karawanserei war oder doch eher bereits schon vor 1.400 Jahren den Omaijaden als Wüstenschloss diente.
Nebenan befindet sich ein Beduinenzelt, das auf Touristen eingestellt ist. Allerdings scheint nicht viel los zu sein, wir sind gerade die einzigen Touristen vor Ort und ich bewundere den das Camp umgebenden Zaun, der mit allerlei Klimbim verziert wurde. Ob man den käuflich erwerben kann, erschließt sich mir nicht. Da ich auch nichts Passendes finde, frage ich auch nicht danach.
Wir fahren weiter. Das Wüstenschloss Qusair Amra aus dem Jahr 711 n. Chr. gilt als das schönste und wurde von den Omaijaden erbaut; bekannt ist dieses Bauwerk vor allem vor seine noch recht gut erhaltenen Fresken. Zu sehen gibt es mehrere Räume, von denen einer ein Baderaum war sowie ein zweites, separates Gebäude, das als Brunnengebäude diente. Die Fresken finde ich faszinierend. Die Abbildungen in der Halle reichen von Tieren über Handwerker bis hin zu barbusigen Damen.
Auf der Strecke muss man sich entscheiden, ob man in Richtung Irak oder Richtung Saudi-Arabien fahren möchte.
Wir wollen heute weder in das eine noch in das andere Land reisen, sondern zum Wüstenschloss Nr. 3, dem Qasr al-Azraq. Hier verweilte auch schon Lawrence von Arabien, dessen Leben im Jahr 1962 mit Peter O’Toole von Hollywood in einem Monumentalfilm auf die Kinoleinwand gebracht wurde. Dieses Wüstenschloss unterscheidet sich grundlegend von den beiden anderen zuvor besuchten. Es erscheint mir größer, aber auch irgendwie abweisender, das mag möglicherweise auch dem schwarzen Basalt liegen, aus dem es erbaut wurde. Von allen dreien ist es auch das, was am wenigsten gut erhalten ist.
Tag 3 – Amman (Jerash)
Kunstwerke aus Sand in Flaschen und ein Juwel aus der Antike
Am Morgen treffen wir auf unseren Guide und die Reisegruppe für die nächsten Tage. Außer uns sind zwei Österreicherinnen, etwa in unserem Alter, an Bord sowie ein Deutsch-Japaner, der immer wieder für Heiterkeit mit seiner guten Laune sorgt. Wir freuen uns, dass wir nur zu fünft sind, eine nette kleine Reisegruppe, die sich die nächsten Tage auch sehr gut verstehen wird.
Heute steht bereits ein absoluter Höhepunkt eines jeden Jordanienbesuches auf dem Programm. Wir fahren nach Jerash, das 40 Kilometer nördlich von Amman liegt. Am Eingang bestaunen wir die Künste der Souvenirverkäufer. Es ist absolut faszinierend, wie sie aus diesem farbigen Sand solche Motive in Flaschen zaubern können.
Bei Jerash (oder auch Gerasa) handelt es sich um eine Provinzhauptstadt des vorchristlichen römischen Reiches. Die Stadt erlebte über viele Jahrhunderte mehrere sogenannte Blütezeiten und wurde immer wieder erweitert, bis im Jahr 747 die Erde bebte und die Bewohner die noch verbliebenen Reste nach und nach sich selbst überließen. Gleich am Eingang zum sehr weitläufigen Ruinenfeld steht der Hadriansbogen. Jerash trägt auch den Namen „Pompeji des Ostens“ und während ich durch die Überbleibsel dieses faszinierenden Ortes schreite, fühle ich mich tatsächlich hier und da an Pompeji erinnert, nur der Vesuv im Hintergrund fehlt. Es gab zwei Theater, ein Nord- und ein Südtheater, ein Forum, ein Hippodrom, Bäder, mehrere Kirchen, eine lange Straße, die sich nahezu durch den ganzen Ort zieht und die flankiert war von Säulen, einen Zeus-Tempel und den Artemistempel, der gigantisch gewesen sein muss. Der Göttin der Jagd und der Fruchtbarkeit hat man hier wohl ganz besondere Ehrerbietung entgegengebracht. Jerash beeindruckt mich sehr.
Zurück in Amman fahren wir auf den Zitallenhügel. Der Jebel Qala liegt auf einer Höhe von 850 Metern. Von hier oben bietet sich ein imposanter Blick auf Ammans Häusermeer, das römische Theater – und auf die größte Fahne, die ich bisher gesehen habe. Ich habe gelesen, sie hat eine Größe von 60 x 20 Metern und hängt an einem 106 Meter hohen Mast. In Aqaba soll noch eine größere Flagge wehen. Auf dem Zitallenhügel selbst steht der Umayyadenpalast, erbaut von 720 bis 750 v. Chr.
Tag 4 – Amman (Umm Queis, Totes Meer)
Antike Steine, leckeres Essen und ein Meer zum Nicht-Schwimmen
Umm Queis liegt etwa 100 Kilometer nördlich von Amman. Diese Stadt, von der heute nur noch einigermaßen gut erhaltene Überreste für glückliche Archäologen und archäologisch Interessierte erhalten sind, war bereits schon vor mehr als 2.500 Jahren besiedelt. Auch dieser Ort verfügt über eine wechselvolle Geschichte, wie z. B. eine für die Bewohner Schreckensherrschaft von 26 Jahren durch Herodes dem Großen. Sie war aber auch eine Pilgerstädte für frühe Christen und erlebte unter den Römern ebenso eine Zeit, in der sie für Literatur sowie Kunst berühmt war. Das Gebiet ist zwar nicht so groß wie Jerash, aber auch hier gibt es Einiges zu sehen, wie die Mauern einer antiken Shoppingarkade, Säulen und Reste des Oktogons.
Auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel nehmen wir ein sehr leckeres Essen in einem Restaurant ein. Wir sind die einzigen Gäste und sitzen auf der dortigen, überdachten Terrasse, von der man einen wunderschönen Ausblick auf eine weitere kleinere Ausgrabung genießen kann.
Wir fahren weiter zum Toten Meer, das sich Jordanien mit Israel teilt. Bereist man eines der beiden Länder, gehört ein Bad in diesem Meer zum Pflichtprogramm. Es ist schon ein eigenartiges Gefühl, hier Baden zu gehen; Schwimmen ist aufgrund des hohen Salzgehaltes nicht möglich, man kann nicht untergehen. Ich hatte bereits das Vergnügen zwei Jahre zuvor, als ich eine Rundreise durch das Heilige Land gemacht habe und verzichte diesmal darauf und schaue lieber dem Treiben zu. Verlässt man das Wasser, hat man einen schlierigen Film auf der Haut, und der Duft, den man anschließend ausstrahlt, ist auch so ganz anders als der, den man aus den Fluten sonstiger Meere mitbringt, wenn man diesen entsteigt.
Tag 5 – Amman – Berg Nebo – Madaba – Ash Shubak – Little Petra – Wadi Musa
Südwärts
Heute verlassen wir das Ibis Hotel in Amman, das uns die vergangenen Tage als Standort diente. Es war angenehm, nicht jeden Tag packen zu müssen, aber nun greift die Vorfreude auf den eigentlichen Grund der Reise, dem morgen ein ganzer Tag gewidmet sein wird. Davor liegen aber noch ein paar Stopps entlang der Strecke. Der erste gilt dem Berg Nebo. Oben auf dem Berg steht ein Kreuz aus Eisen, um selbiges windet sich eine Schlange. Dieses Kreuz ist 10 Meter hoch. Von oben hat man an klaren Tagen wohl einen grandiosen Blick. Der viele Staub in der Luft lässt das aber nur erahnen. Nicht so wohl bei Moses, der von hier das Heilige Land erblickt haben soll. In einem überdachten Bereich ist ein unglaublich interessantes und großes Mosaik aus frühchristlicher Zeit ausgestellt.
Unweit vom Berg Nebo befindet sich der Ort Madaba, der auch als Stadt der Mosaiken bekannt ist. Hier steht die griechisch-orthodoxe St. Georgskirche. Diese Kirche wurde über den spärlichen Resten einer byzantinischen vor etwas mehr als hundert Jahren errichtet. Das Besondere findet man in der Kirche, wenn man auf den Boden schaut. Das Mosaik soll die älteste Karte von Palästina darstellen. Diese Karte muss erheblich größer gewesen sein, die Reste sind nun abgesperrt, um weiteren Schaden von ihr abzuwenden.
Leider ist die Kreuzritterburg Kerak derzeit nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Das ist bedauerlich, gerne hätte ich mir diese angeschaut. Als Alternativprogramm muss nun Ash Shubak einspringen. Ash Shubak wurde im Jahr 1.115 errichtet, ist die älteste Kreuzritterburg und im direkten Umfeld lebten zeitweise mehrere Tausend Christen. Leider ist nicht mehr allzu viel von dieser Burg erhalten.
Dann haben wir auch schon fast den Ort Wadi Musa erreicht, das Eingangstor zur sagenumwobenen Felsenstadt der Nabatäer. Da wir durch den Wegfall der Besichtigung von Kerak Zeit gewonnen haben, bringt uns unser Guide noch zu Little Petra. Davon hatte ich zuvor noch nie etwas gehört. Wir sind fast nahezu die einzigen Touristen, die hier unterwegs sind. Das Gebiet ist nicht sonderlich weitläufig, aber wunderschön und überall finden sich Zeugnisse der aus dem Stein gefertigten Bauwerke der Nabatäer. Ein toller Einstieg auf den morgigen Tag.
Im Rundreiseprogramm war ein anderes Hotel vorgesehen, aber ich wollte unbedingt im Mövenpick wohnen; zum einen, weil es eine deutlich bessere Kategorie ist und zum anderen - und das ist für mich der noch wesentlich gravierendere Vorteil - liegt es am Eingang zu Petra. Die Lage könnte nicht besser sein. So wurde unser Wunsch vom Veranstalter, gegen Aufpreis versteht sich, entsprechend berücksichtigt. Unser deutsch-japanisch Mitreisender hatte die gleiche Planung, sodass wir nun zu dritt in diesem wirklich schönen Hotel einchecken. Wir bleiben für zwei Nächte im Mövenpick.
„Wer die Abenteuerlichkeit des Reisens ins Blut bekommt, wird diese nicht wieder los.“
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Bruno H. Bürgel