Südafrika, Namibia und geplant Botswana
Die Appendix-Trilogie, Teil 1:
Herr Appendix will nicht nach Hause
- Teil 5 von Goche Ganas bis Reiseende -
Tag 20 – Goche Ganas - Windhoek
Die Reise entwickelt sich so ganz anders als geplant
Irgendwann nach Mitternacht werde ich wieder wach … vor Schmerzen. Ich versuche meine Liegeposition zu ändern, in der Hoffnung, es wird dadurch besser, aber selbst das Drehen ist schmerzhaft. Mehrmals stehe ich auf, gehe ins Bad und versuche sehr leise zu sein, um meinen Mann nicht zu wecken. Ich bin immer noch der Meinung, dass die Schmerzen bald verschwinden. Irgendwann weicht diese Überzeugung eher einer Art Hoffnung. Ich rede mir im Stillen gut zu, weil ich zwar immer noch Schmerzen habe, aber nicht mehr ganz so schlimm und heftig, wie gleich nach dem Abendessen. Zwischendurch döse ich sogar immer mal weg.
Später in der Nacht beginne ich zu grübeln, was machen wir nur, eigentlich wollen wir morgen Richtung Botswana aufbrechen. Es trennt uns nur noch eine Zwischenübernachtung in der Kalahari Bush Breaks Lodge von Dombo. Diese hatten wir einplanen müssen, weil die Strecke für eine Tagesetappe einfach zu weit gewesen wäre. Das Gepäck hatten wir schon vor dem Abendessen grob zusammengepackt.
Immer mehr kommt mir dann aber der Gedanke, die Schmerzen könnten möglicherweise durch unseren Mitreisenden Appendix ausgelöst sein. Der reine Gedanke daran löst in mir schon eine innere Panik aus, ganz zu schweigen davon, dass ich bisher noch nie eine Vollnarkose oder gar eine Operation hatte.
Ich ziehe nacheinander die Beine an, weil ich gehört hatte, dass es ein Test für einen übellaunigen Herrn Appendix sei. Aber dieser Test ändert nichts, die Schmerzen werden nicht schlimmer, aber auch nicht besser. Also, so sage ich mir, kein Herr Appendix, der sich hier angeschlichen hat. Innerlich trage ich einen Kampf mit mir aus … und bin schon ein klein wenig verzweifelt.
Obwohl es mittlerweile wieder mit den Schmerzen ein wenig besser geht, wecke ich dann gegen ca. 5:00 Uhr meinen Mann, mit dem Ergebnis, dass ich mir sofort einen großen Rüffel einhandele. Warum ich ihn nicht gleich geweckt hätte?
Leider ist dann seine Befürchtung nicht gerade ermutigend, denn auch er nimmt ziemlich schnell das „verbotene“ Wort Blinddarm in den Mund. Genau das, was ich jetzt nicht hören will. Aber mein Verstand sagt mir etwas anderes.
Wir besprechen uns, besser gesagt, ich will noch abwägen, was wir jetzt machen. Für meinen Mann ist die Entscheidung bereits gefallen, dass wir nicht weiter fahren in ein Land, in dem die Gesundheitsversorgung gelinde gesagt eher rudimentär ist, sondern einen Arzt aufsuchen.
Also gehen wir zur Rezeption. Ich habe in Erinnerung, dass die Lodge von Deutsch-Namibianern geführt wird. Diese wollen wir jetzt nach Adressen von deutschsprechenden Ärzten fragen. Zwar habe ich eine Adresse dabei, die ich aus einem Forum hatte, aber irgendwie kommt mir das in diesem Moment gar nicht in den Sinn. Auf dem Weg vom Bungalow zur Rezeption höre ich jeden Schritt in mich hinein und bin froh (und rede es mir auch ein, glaube ich), wenn es mir besser geht.
An der Rezeption bitte ich die Dame doch bitte die Managerin anzurufen, damit ich mit ihr sprechen kann. Obwohl es noch so früh am Morgen ist, klingelt sie die Managerin aus dem Bett, nachdem ich ihr erkläre, um was es geht. Die Managerin ist sehr hilfsbereit und gibt mir die Telefonnummer einer deutschsprechenden Allgemeinmedizinerin, die sie immer konsultiert.
Nachdem ich aufgelegt habe, muss ich jedoch erst einmal mit der Dame an der Rezeption diskutieren, sie möge doch bitte die Nummer wählen, auch wenn die Praxis erst um 8:00 Uhr öffnet. Sie jedoch will bis zur Öffnung warten. Zum Glück bleibe ich hartnäckig, denn wir haben die kleine Hoffnung, dass vielleicht schon früher jemand den Anruf entgegennimmt. Dann endlich wählt sie die Nummer … und vom Band hören wir die Nachricht, man sei diese und nächste Woche in Urlaub. Na prima.
Ein weiteres Mal bitte ich darum, die Managerin anzurufen. Diese gibt mir dann von einem anderen Allgemeinmediziner eine weitere Festnetz- und Mobiltelefonnummer. Ihn erreiche ich dann auf seiner Handynummer, denn er ist noch um diese Uhrzeit früh morgens zuhause. Er sagt, in ca. 30 bis 60 Minuten müsste bereits jemand in der Praxis erreichbar sein und ich solle dort anrufen, um einen Termin zu machen. Gleichzeitig würde er auch schon einmal parallel versuchen, jemanden zu erreichen, um mich terminlich dazwischen zu schieben.
Nachdem wir dann die sehr nette Sprechstundenhilfe erreichen, können wir auch gleich vorbeikommen. Gleich ist allerdings relativ, da wir doch außerhalb von Windhoek wohnen. Wir entschließen uns nach Rücksprache mit den Mitarbeitern der Lodge und weil heute kein neuer Gast in unserem Bungalow zu erwarten ist, unser Gepäck im Zimmer zu lassen und einen Transfer von der Lodge zu nutzen. Uns ist nicht danach, selbst mit dem Wagen zu fahren, zumal ich als unser Navi auch nicht gerade 100 %-ig topfit bin.
Im Wartebereich der Praxis in Windhoek warten bereits mehrere Personen, als wir eintreffen. Trotzdem werde ich sehr schnell von einer freundlichen Ärztin aufgerufen, die dann nach einer Untersuchung noch ihren Kollegen hinzu ruft. Beide sind sich nicht sicher, ob Herr Appendix der Grund für meine Schmerzen ist oder ob der Auslöser möglicherweise doch etwas anderes sein könnte. Meine Symptome sind nicht eindeutig, meine Temperatur ist nur leicht erhöht, zudem sind die Schmerzen mittlerweile wesentlich besser geworden. So lautet die Tendenz der Diagnose, eher kein übellauniger Herr Appendix, wobei ich mir im Nachhinein nicht sicher bin, ob ich mir diese Tendenz nicht doch ein wenig einrede. Beim Abtasten schlage ich mit voller Kraft die Hand des Arztes aus purem Reflex weg, weil der Druck einen großen Schmerz verursacht. Mir ist das ein wenig peinlich und ich entschuldige mich gleich. Aber das sei kein Problem, höre ich.
Um jedoch eine eindeutige Diagnose zu stellen, müssen als Nächstes die Blutwerte untersucht werden. Zu unserer großen Überraschung wird die Blutabnahme jedoch nicht hier in der Praxis gemacht, sondern wir müssen – ich nenne es jetzt einmal so – zu einer „zentralen Blutabnahmestelle“. Man empfiehlt uns das Roman Catholic Hospital. Also fahren wir dorthin. Mittlerweile kann ich mit weniger Schmerzen laufen, dafür ist mir stattdessen ein wenig übel, aber ich habe nach wie vor die große Hoffnung, dass nicht Herr Appendix der Verursacher ist und der mögliche andere Verdacht dann leicht mit Medikamenten zu behandeln wäre, sodass wir unsere Reise Richtung Botswana fortsetzen können. Wir freuen uns schon so lange auf ein Wiedersehen mit den Dombos.
Im Krankenhaus ist ein einziges großes Gewusel, unser Fahrer von der Lodge organisiert geschwind eine Sicherheitskraft, die uns den Weg zeigt. Ich habe zwar auf meinem Zettelchen den Vermerk „Urgent“, muss mich aber trotzdem einreihen wie alle anderen.
Dann werden wir aufgerufen. Bevor wir jedoch überhaupt zur Blutabnahme gehen können, müssen wir uns erst einmal an einen Schalter setzen und viele Fragen beantworten. Anschließend werden wir in eine weitere Schlange geschickt und endlich, endlich darf ich zur Blutabnahme. Ich beobachte die ganzen Vorbereitungen dazu ganz genau und bin erleichtert, als ich sehe, dass alle benötigten Utensilien aus sterilen Verpackungen frisch entnommen werden.
Im Anschluss daran dürfen wir die Rechnung bezahlen, aber bitte in bar!
Man sagt uns, dass die Ergebnisse erst am Nachmittag zu erwarten seien. Wir hatten daher bereits mit dem Arzt besprochen, dass wir uns am Nachmittag telefonisch bei ihm melden und so fahren wir jetzt zurück zur Lodge. Mir ist immer noch ein wenig übel, aber auf der Lodge angekommen, verspüre ich Hunger und mein Mann organisiert im Restaurant Toast und Marmelade für mich. Außerhalb der Essenzeiten gibt man ihm dieses problemlos mit. Nachdem ich eine Scheibe Brot gegessen und dazu eine Schmerztablette eingeworfen habe - die Erlaubnis dazu hatte ich morgens vom Arzt erhalten - geht es mir tatsächlich bald schon wieder besser. Ich lege mich aufs Bett und schlafe ein wenig.
Zum vereinbarten Zeitpunkt am Nachmittag wollen wir dann vom Zimmer aus den Arzt anrufen, um dann leider feststellen zu müssen, dass unser Telefon leider nicht funktioniert. Also gehen wir ein weiteres Mal zur Rezeption. Ich fühle mich insgesamt besser und diesmal sind sowohl mein Mann als auch ich überzeugt, dass es gleich Entwarnung geben wird.
Ich wähle die Nummer des Arztes und merke währenddessen, wie sich mein Pulsschlag erhöht. Ich glaube, ich werde nie seine ersten Worte nach der Begrüßung vergessen: „Die Werte sind leider nicht zu Ihren Gunsten“. Mein Mann merkt schon an meiner Köpersprache, dass die so erhoffte Entwarnung nicht erfolgt.
Auf mein Bitten gibt mir der Arzt die Werte und deren Bezeichnung durch. Diese auf einem Zettel in der Hand, ohne sie einordnen zu können, rufe ich meinen Hausarzt in einigen Tausend Kilometern Entfernung an. Leider kann auch er mir nichts anderes mitteilen, nur dass die Werte auf eine akute Entzündung im Bauchraum schließen lassen und sagt mir dann das, was mir der Windhoeker Allgemeinmediziner auch schon sagte, was als nächstes zu tun sei: Ultraschall.
Mir ist zum Weinen, aber es fließen keine Tränen. Irgendwie fange ich nun an, ganz praktisch zu denken; was sind jetzt die nächsten Schritte, was müssen wir jetzt unternehmen, was muss organisiert werden …
Die Managerin, mittlerweile ebenfalls an der Rezeption eingetroffen, unterstützt uns sehr. Sie macht eine Reservierung im Safari Court Hotel, eine Unterkunft, die recht verkehrsgünstig liegt und die wir von unserer ersten Reise kennen. Uns ist nicht danach, jetzt noch nach einem netten kleinen Guesthouse zu recherchieren. Wir wollen, besser gesagt sogar müssen, jetzt eigentlich nur noch schnell in die Mediclinic, um Ultraschall machen zu lassen.
Zuvor rufen wir allerdings noch schnell die Kalahari Bush Breaks Lodge an, um Bescheid zu geben, dass sie nicht mehr auf uns warten müssen, wir werden definitiv heute nicht mehr anreisen. Auch bei Heike von Dombo rufen wir an, um ihr einen Zwischenbescheid zu geben. Ganz absagen wollen wir noch nicht, da die – wenn auch sehr geringe - Hoffnung immer noch da ist, dass wir doch noch weiterreisen können und sich alles in Wohlgefallen auflöst.
Die Managerin gibt uns ihre Telefonummer mit dem Hinweis, wir können sie jederzeit anrufen, wenn wir Hilfe benötigen. Das Personal hilft uns mit dem Gepäck und fährt uns zum Lodgeparkplatz, wo wir in unseren Mietwagen steigen und jetzt mit einem sehr mulmigen Gefühl Richtung Windhoek fahren.
Wir stoppen kurz am Safari Court Hotel, das direkt auf dem Weg liegt und checken in Windeseile ein. Alles Dinge, die man zuhause in solchen Fällen nicht berücksichtigen/organisieren muss, da fährt man zum Krankenhaus und gut ist’s. Vielleicht hätten wir das auch hier machen sollen, aber ich fühle mich soweit okay, dass ich diese Reihenfolge vorziehe.
In der Mediclinic angekommen, es ist mittlerweile früher Abend, sagt man uns, dass niemand mehr da sei, um den Ultraschall zu machen. Ultraschallzeiten sind von 9:00 Uhr bis 17:00 Uhr, wenn wir außerhalb dieser Zeiten Ultraschall möchten, müssen sie zum einen mit dem Chirurgen sprechen und zum anderen kostet es extra. Okay, die Kosten sind uns jetzt gerade mal egal. Auch, dass wir nun erst einmal ein Deposit hinterlegen müssen. Zum Glück akzeptiert man hier Kreditkarte.
Während ich umfangreichen Papierkram erledige, ruft mein Mann schon einmal unsere Reiseauslandskrankenversicherung an – wir ticken gerade beide wie ein Uhrwerk und arbeiten einen Punkt nach dem anderen ab.
Dann werden wir in einen Raum geführt, in dem die Behandlungsbereiche mit Vorhängen abgetrennt sind. Eine Schwester kommt vorbei und kurze Zeit später ein Arzt, der mich jetzt untersucht. Er ist sich (zu meinem großen Bedauern) ziemlich schnell sicher, dass es Herr Appendix ist, der ziemlich übellaunig sei … Ich hingegen, will mir da einfach nicht sicher sein, weil die Schmerzen zwar noch da sind, aber sich zwischenzeitlich gebessert haben. Das wäre allerdings kein Wunder, meint der Arzt, denn ich hätte Schmerztabletten genommen. Allerdings ist mir mittlerweile ziemlich übel.
Meinen Einwand, ob tatsächlich zwei handelsübliche, nicht besonders hoch dosierte Schmerztabletten einen übellaunigen Herrn Appendix besänftigen könnten, lässt er nicht gelten. Überhaupt hatte ich bisher immer noch Hoffnung, auch wenn diese von Minute zu Minute mehr schwindet … der Arzt erklärt mir mit ruhiger Stimme, käme ich jetzt auf die Idee, die Klinik zu verlassen oder gar den Gedanken hätte, nach Hause fliegen zu wollen, würde ich mit meinem Leben spielen und dieses Spiel würde höchstwahrscheinlich nicht gut ausgehen.
Okay, ich bleibe selbstverständlich in der Klinik – die „Message“ ist definitiv bei mir angekommen. Für meinen Mann gab es schon vorher keine Diskussion. Ich glaube, er ist besorgter als ich.
Wir wundern uns ein wenig, als der Arzt erwähnt, dass er jetzt mit dem Chirurgen telefonieren müsse. Dieser ist scheinbar nicht vor Ort. Einige Minuten später kommt der Arzt in meine durch Vorhänge abgeschirmte Kabine zurück und teilt uns mit, dass der Chirurg telefonisch angewiesen hätte, den „Ultrasound-Doctor“ in die Klinik zu holen, damit er seines Amtes walten kann. Prima, genau deshalb sind wir ja hier …
Ich fühle mich wie in einem amerikanischen Film, als ich in einen Rollstuhl gesetzt werde und (gefühlt) einmal quer durch die Klinik zum Ultraschallbereich geschoben werde – nur leider bin ich gerade in keinem Film, dies hier ist Realität!
In dem Raum, den ich auf meinem rollenden Untersatz erreiche, stehen modernste Geräte, soweit wir das beurteilen können. Das löst ein kleines Gefühl der Beruhigung aus. Der „Ultrasound-Doctor“ hatte sich wohl von seinem Feierabend verabschiedet und ist bereits vor Ort. Er sagt nicht viel, beantwortet auch kaum eine meiner Fragen, nur ein einziges Mal, als er mit seinem Handwerksgerät so ziemlich genau über der schmerzenden Stelle entlangfährt, wo ich den übellaunigen Genossen vermute, und ich vor Schmerzen zusammen zucke, höre ich von ihm „I see the problem“. Das ist nicht das, was ich hören möchte …
Nach der Untersuchung müssen wir noch einen Augenblick warten bis der Bericht geschrieben ist. Diesen drückt er mir dann in einem Umschlag in die Hand. Auf der Rückfahrt, ich darf nicht aufstehen, öffne ich den Brief. Die Seite ist vollgeschrieben, aber mir springen sofort drei Worte entgegen: „acute perforate appendix“. Im Nachhinein weiß ich gar nicht mehr, was ich in diesem Moment dachte, wundere mich aber noch heute, dass ich das ganz ruhig meinem Mann sagte. Gott sei Dank, dass er die ganze Zeit an meiner Seite ist und dass er – zumindest scheint es mir so – ebenfalls ganz ruhig bleibt.
Nachdem wir heute schon eine Arztpraxis und zwei Kliniken in Windhoek kennengelernt haben, ist die heutige Odyssee aber immer noch nicht vorbei. Man sagt uns, dass der Chirurg, der operieren wird, in einer anderen Klinik seinen Dienst tut und wir daher dorthin wechseln müssen. Na, so lernen wir dann heute noch die dritte Klinik in Windhoek, das Rhino Park Private Hospital, kennen. Windhoek ist nun nicht so sonderlich groß, wir nehmen uns ein Taxi.
Mittlerweile ist der Tag fast vorüber als wir im Rhino Park Private Hospital eintreffen. Uns scheint es, als sei der Eingang gesichert wie Fort Knox. Nachdem wir die Sicherheitstür passiert haben, finden wir uns am Empfang wieder, wo das uns mittlerweile schon bekannte, übliche Aufnahmeprozedere beginnt. Ich fülle die Aufnahmepapiere aus und ganz wichtig, wir müssen erst einmal eine größere Summe als Deposit hinterlegen. Zum Glück nimmt man auch hier Kreditkarte, so viel Bargeld führen wir definitiv nicht mit uns.
Der Check, dass die Kreditkarte die benötigte Summe hergibt, scheint bestanden zu sein, denn die Dame nickt nach erhaltener Bestätigung einem Herrn zu. Dieser kommt kurze Zeit später in mein Zimmer und stellt sich als mein Chirurg vor. Glück gehabt, dass wir zahlen können, denke ich bei mir.
Ich werde auf ein Zweibettzimmer gebracht; auch hier habe ich ein weiteres Mal Glück, als ich höre, es sei das letzte verfügbare Zimmer in der Klinik. Soweit ich alles beurteilen kann, macht die Klinik, wie auch die zuvor besuchten, einen sehr guten Eindruck.
Meinen Chirurgen finden wir beide äußerst sympathisch, wir fassen sofort Vertrauen zu ihm. Er untersucht mich und meint, dass der Eingriff bis morgen früh Zeit hätte und verordnet, dass ich über Nacht Infusionen mit Antibiotika erhalten solle. Außerdem beruhigt er mich, als ich ihm sage, dass ich noch nie zuvor eine OP hatte und es ihm scheinbar auch nicht entgeht, dass ich doch ein wenig besorgt bin. Morgen früh als erster Termin käme ich dann ins Theatre … klasse, denke ich bei mir, ein „Theaterbesuch“ in Windhoek.
Mein Mann und ich müssen uns jetzt trennen. Es ist die erste Nacht einer gemeinsamen Urlaubsreise, in der wir nicht zusammen sein werden. Er wird im Hotel schlafen und ich im Krankenhaus mit der unschönen Aussicht auf den morgigen Aufenthalt im Theatre.
Tag 21 – Windhoek
Theaterbesuch
Nachts mache ich kaum ein Auge zu, ich kann nicht schlafen. Gedanken und Fragen wirbeln wie Purzelbäume durch meinen Kopf:
Wie wird die erste Operation werden? Werde ich die Narkose vertragen? Ist die Versorgung hier soweit okay? Bin ich in guten Händen? Warum habe ich mich nicht gegen Hepatitis B impfen lassen? Das Wort AIDS kommt mir immer wieder in den Sinn.
Mir bereiten diese Gedanken Unbehagen, dann erinnere ich mich aber wieder an die Arztpraxis, die Kliniken und die Ärztinnen und Ärzte, die ich hier so fern von zuhause in den letzten Stunden gesehen und kennengelernt hatte. Alles macht einen sehr guten und professionellen Eindruck. Auch das Rhino Park Private Hospital, in dem ich meine voraussichtlichen letzten gemeinsamen Stunden mit Herrn Appendix verbringe, wirkt auf uns äußerst vertrauenserweckend … und der Chirurg, der mich operieren würde, hatte es mit seinem freundlichen und kompetenten Auftreten innerhalb kürzester Zeit geschafft, das Vertrauen von meinem Mann und mir zu gewinnen. All das hole ich mir jetzt wieder in Gedanken zurück.
Nichtsdestotrotz ist es eine Situation, die ich niemandem wünsche und die wahrscheinlich nur jemand richtig nachvollziehen kann, der schon einmal in einer ähnlichen Lage war. So gerne ich reise, so gerne ich etwas anderes auf meinen Reisen sehen möchte als zuhause, so gerne wäre ich jetzt doch zuhause in einer mir vertrauteren Umgebung.
Aber jetzt liege ich nun einmal hier, in einem Krankenhaus in Windhoek, Namibia. Ich fühle mich alleine und vermisse meinen Mann, als mich ganz früh am Morgen meine Gefühle überwältigen. Jetzt fließen ein paar Tränen. Rückblickend gesehen war es das einzige Mal in diesen Tagen.
In diesem Augenblick kommt eine der Nachtschwestern routinemäßig ins Zimmer und sieht mich. Sie versucht mich zu beruhigen und als ich ihr sage, dass ich gerade von meinen Gefühlen in dieser Situation überwältigt bin und meinen Mann vermisse, gibt sie mir ihr Handy, damit ich ihn im Hotel anrufen kann. Wir haben nur ein Handy auf dieser Reise dabei und das hat mein Mann, da er es derzeit mehr benötigt als ich, die hier ans Bett gefesselt ist.
Aber was ist das für eine freundliche Geste von dieser Frau, die ich nie zuvor gesehen habe. Ich weiß gar nicht, wie ich meine Dankbarkeit in diesem Moment beschreiben soll. Es muss morgens kurz nach 05:00 Uhr sein, als ich meinen Mann erreiche, nur ganz kurz spreche ich mit ihm, aber dieser winzige Augenblick beruhigt mich sofort wieder, um dann ganz praktischen Gefühlen Luft zu bahnen. Es ist unglaublich heiß, ich habe so großen Durst, aber darf nichts trinken.
Nach kurzer Zeit werden die ersten Vorbereitungen von zwei Schwestern für meinen Theaterbesuch getroffen. Obwohl ich meine, dass mein Englisch ganz ordentlich ist, ist es aber nun mal doch nicht meine Muttersprache, und ich frage die Schwestern, ob in der Klinik vielleicht jemand wäre, der möglicherweise Deutsch spricht. Beide verneinen erst, dann fällt ihnen aber doch jemand ein. Eine Namibianerin, deren Vorfahren vor mehreren Generationen aus Deutschland kamen. Sie versprechen mir, sie über den Neuzugang in Form von mir zu informieren. Als diese Dame noch vor dem Theaterbesuch zu mir ins Zimmer kommt, bin ich einfach nur glücklich, jemanden zu sehen, der beides kennt, Namibia und Deutschland. Diese nette Dame wird heute und in den Folgetagen meinem Mann und mir bei vielen administrativen Dingen, die in der Klinik zu erledigen sind, helfen. Im Zuge dessen werden wir feststellen, dass es doch den einen oder anderen Unterschied im Vergleich zu zuhause gibt.
Es dauert nicht lange und mein Mann trifft ein. Ich bin so froh und erleichtert, ihn zu sehen und ihn an meiner Seite zu haben. Zu meiner großen Überraschung steht dann auch noch kurze Zeit später der Allgemeinarzt, der am Tag zuvor unsere erste Anlaufstation war, an meinem Bett. Mein Mann hatte ihn morgens angerufen, um ihm mitzuteilen, was nun bei den Untersuchungen herausgekommen sei. Der Arzt will einfach nur einmal vorbeischauen, um zu sehen, wie es mir geht, da er sich unserer außergewöhnlichen Situation bewusst sei. Er beantwortet mir meine Fragen und beruhigt mich. Es ist ein Freitag und er sei übers Wochenende nicht in Windhoek, aber wir können ihn jederzeit anrufen, wenn wir etwas auf dem Herzen hätten oder Hilfe benötigen. Wir sind ihm so dankbar und zum Abschied sage ich zu ihm, „Ich könnte Sie gerade drücken“. Seine Antwort: „Dann tun Sie es doch“. So gibt es zum Abschied eine herzliche Umarmung.
Heute ist ein Tag, an dem (wenn ich richtig zugehört habe) der Krebskranken gedacht wird, daher haben alle Schwestern bunte Tücher um ihre Haare gewickelt. Zuerst denken wir, das sei normale Arbeitskleidung, bis wir dann den Grund erfahren. Leider hören wir, aufgrund unserer Situation, nicht 100 %-ig hin, wie der Tag nun genau genannt wird. Später sollte ich als Erinnerung noch ein solches Tuch überreicht bekommen. Wie nett!
Nachdem ich mein schriftliches Einverständnis zum Eingriff gegeben habe, werde ich zum Theatre gefahren. Ich habe zwar schon den einen oder anderen Theaterbesuch absolviert, aber diese nun folgende Inszenierung ist mir vollkommen fremd. Eigentlich ein netterer Name für das nun Folgende als bei uns zuhause und wenn ich zukünftig höre, dass jemand „ins Theater geht“, werde ich wohl des Öfteren an Windhoek zurückdenken.
So, nun liege ich hier in meinem Bett vor dem Theatre, immer noch an Infusionen angeschlossen, in der Warteschleife. Vor mir werden Kinder in andere OPs getragen. Jedes Mal denke ich nur, die armen Würmchen. Endlich bin ich dann auch an der Reihe für meinen Auftritt und werde ins Theatre gefahren. Dort angekommen, sagt man mir, dass sich der Anästhesist verspäten würde. Wir warten auf ihn.
Ich liege noch in meinem Bett direkt neben dem OP Tisch und bin mittlerweile wieder ganz ruhig. Rückblickend gesehen frage ich mich, wie ruhig ich mich noch eine ganze Weile mit meinem Chirurgen über dies und das habe unterhalten können.
Zwischendurch verlässt die Schwester den Raum, um noch etwas zu erledigen. Irgendwann kommt dann auch der Anästhesist, er und der Chirurg wechseln noch ein paar Worte. Mir wird die Frage nach Allergien gestellt, dann sehe ich nur noch, wie sich die Spritze der Kanüle nähert … und ich meinen weiteren Auftritt im Theatre verschlafe, zum Glück!
Während ich operiert werde, wartet mein Mann und als ich aufwache mit ziemlichen Bauchschmerzen, ist er auch wieder an meiner Seite … genauso wie der unsägliche Herr Appendix, der durch einen größeren Schnitt nun meinem Bauch Adieu gesagt hat und jetzt in einem Kästchen auf dem Schrank neben mir sein Dasein fristet. Später wird dann mein Mann gebeten, Herrn Appendix bitte selbst zu einer Nachuntersuchung wegzubringen.
An die nächsten Stunden des Tages habe ich nur entfernte und verschwommene Erinnerungen. Mir geht es insgesamt recht schlecht und mir ist unglaublich übel, ich muss mich mehrmals übergeben. Meine Sauerstoffwerte sind miserabel. Das Gerät, das diese überwacht, macht sich mit Dauerton bemerkbar. Ich weiß noch vage, dass ich Sauerstoff benötigte und mir ein Halter in die Nase gesetzt wird. Es fließt aber kein lebenswichtiger Sauerstoff. Ich bin alles andere als wach, genau genommen ziemlich benebelt, und sage deshalb in meiner Muttersprache auf Deutsch, dass nichts aus dem Gerät herauskommt. Was für ein Glück, dass mein Mann neben mir sitzt und es umgehend übersetzt. So kann sofort Abhilfe geschaffen werden.
Das ist wieder so eine Situation, die sich nicht in einem Land ergibt, in dem die eigene Muttersprache gesprochen wird. Es gibt durchaus mehrere Dinge und Situationen, die mir erst durch diese Erfahrung so richtig ins Bewusstsein gerufen werden.
Nachmittags muss mein Mann für eine Weile weg. Wir hätten an diesem Tag unseren Mietwagen in Maun abgeben sollen, jetzt müssen wir (besser gesagt in diesem Fall, mein Mann) irgendwie organisieren, dass wir den Mietwagen ohne größere Probleme in Windhoek abgeben können. Wir sind froh, dass wir seinerzeit – ohne das geplant zu haben, aber wie hätten wir das auch – bei einem Vermieter gebucht haben, der auch in Windhoek über eine Niederlassung verfügt. So verläuft die Rückgabe ohne Probleme - eine Sorge weniger.
Tag 22 – Windhoek
Der Blick in die Pässe schafft Gewissheit
In der Nacht fällt mir ein, dass wir unbedingt in unsere Pässe schauen müssen, weil ich nicht mehr das Datum im Kopf habe, das man uns in Mata Mata eingetragen hatte, bis wann wir Namibia verlassen müssen. Ich habe nur noch in Erinnerung, dass wir einige wenige Tage länger im Land bleiben dürfen als über den von uns angegebenen Ausreisetermin. Nichtsdestotrotz bin ich mir sicher, dass es eng werden könnte, jetzt wo wir hier fest sitzen. Gleich bei unserem nächsten Wiedersehen werde ich meinen Mann bitten, das Datum zu überprüfen.
Bei der Visite löchere ich den Chirurgen, wann ich denn jetzt nach Hause fliegen dürfe. Seine Antwort ist leider nicht sonderlich ermutigend. Ein paar Tage müsse ich noch in der Klinik bleiben und danach noch weitere in Windhoek, u. a. zur Nachversorgung. An ein Weiterreisen ist nicht zu denken, aber so wie es mir derzeit geht, wäre das auch gar nicht möglich gewesen. Alleine kurzes Sitzen im Auto sollte ein paar Tage später noch eine Herausforderung darstellen. Frühestens heute in einer Woche dürfe ich fliegen. Mehrmaliges Nachfragen, ob nicht vielleicht doch schon früher, hilft leider auch nicht …
Aufgrund der Besuchszeiten muss mein Mann zwischendurch die Klinik verlassen und als er am Nachmittag zurückkommt, hat er die Eintragungen in unseren Pässen geprüft. Wir müssen lt. ärztlicher Verordnung noch zwei Tage länger im Land bleiben, als es unsere Pässe hergeben und das auch nur vorausgesetzt, wir bekommen einen passenden Flug. Eine neue Herausforderung, die es nun gilt, zu bewältigen.
Tag 23 bis Tag 31 – Windhoek und Heimreise
Die ersten Tage ohne Herrn Appendix
Es ist Sonntagmorgen und ich werde von afrikanischen Gesängen wach. Zuerst denke ich, ich träume. Aber als mich kurze Zeit später mehrere Schwestern unabhängig voneinander, nicht ohne Stolz, fragen, ob ich sie morgens habe singen hören, weiß ich, dass es kein Traum war. Ich bejahe ihre Frage, sage, dass es mir gefallen hat und frage neugierig, ob sie öfter singen würden. Das würden sie immer morgens, wenn es die Arbeit irgendwie erlaube, sind ihre Antworten. Was für eine nette Idee, denke ich bei mir.
Heute, ein Montag, darf ich das Krankenhaus verlassen. Die Schwestern, zu denen ich mehr Kontakt hatte in den Tagen meines Aufenthaltes, verabschieden mich herzlich und eine der Schwestern schenkt mir zum Abschied zwei wunderbare Holzfiguren, die nach Rückkehr einen besonderen Platz in unserem Zuhause finden werden. Ich bin unglaublich gerührt, als sie mir die Figuren überreicht. Ich habe keine Ahnung, womit ich das verdient habe, sie sagt mir, sie hätte mit mir gelitten in dieser für mich so außergewöhnlichen Situation.
Mein Mann hatte bereits am Morgen im Hotel Bescheid gegeben, dass ich aus dem Krankenhaus entlassen werden würde, daher erhalten wir ein besonders großes Zimmer im Safari Court, wo ich genug Platz haben werde, auch im Zimmer hin- und her zu laufen. Das ist für mich eine große Erleichterung. Die Managing Directors sollten sich die Tage regelmäßig nach unserem Befinden erkundigen und ihre Hilfe anbieten, für den Fall, wir würden Unterstützung benötigen.
Vom Chirurgen hatten wir eine Bestätigung erhalten, mit der wir zum Ministry of Home Affairs gehen sollen, damit man unsere Aufenthaltsgenehmigung verlängern könnte. Wir nehmen ein Taxi, die Fahrt mit dem noch frischen Schnitt im Bauch ist nicht ganz so einfach, aber ich kämpfe mich durch. In der Stadt sind viele Menschen unterwegs und ich laufe zick-zack, schützend mit meinem Arm vor dem Bauch, immer auf der Hut, falls mich jemand versehentlich in der Menge anrempeln würde.
Im Ministry of Home Affairs müssen wir verschiedene Formulare ausfüllen, u. a. werden wir explizit nach dem Grund gefragt, warum wir länger bleiben wollen und natürlich werden wir wieder einige Rand los für den Behördengang. Als man unsere Pässe dort behalten möchte, ist uns erst nicht ganz wohl. Aber uns bleibt nichts anderes übrig. Das Risiko mit einer abgelaufenen Aufenthaltsgenehmigung ausreisen zu wollen, ist definitiv zu groß. Neben Theatre möglicherweise auch noch Prison, nein, darauf sind wir nicht wirklich scharf. Soll sich doch Herr Appendix ohne Visum in Namibia aufhalten, wir jedenfalls nicht.
Zurück im Hotel sagt man uns, dass es ein normaler Vorgang sei, dass die Pässe dort bleiben würden und man sie ein paar Tage später wieder abholen könne. Ich hatte die Dame vom Ministry of Home Affairs von drei Tagen auf den nächsten runtergehandelt und mir ihren Namen nennen lassen.
Tatsächlich können wir am nächsten Tag unsere Pässe wieder abholen. Man hat uns überdies noch einige Tage länger Aufenthaltsrecht gegeben, als wir angefragt hatten und als ich die Dame hinter dem Schalter mit ihrem Namen begrüße, entlocke ich ihr sogar ein Lächeln.
Zwischenzeitlich haben wir unser Reisebüro zuhause auf Rückflüge angesetzt. Unsere Ansprechpartnerin ruft uns mehrmals in Windhoek zurück. Samstag wäre der erste Tag, an dem ich fliegen dürfte. Da fliegt der neue Airbus, wir sind auf Warteliste, für Sonntag haben wir eine bestätigte Buchung.
Bis Samstagmittag haben wir noch die Hoffnung, dass sich etwas auf der Warteliste tun würde, tut es aber leider nicht. Dann erhalten wir die SMS von unserem Reisebüro und müssen uns damit abfinden, erst am Sonntag nach Hause fliegen zu können.
Bis zuletzt, eigentlich bis die Maschine der Air Namibia in Windhoek abhebt, halten wir noch die Luft an, dass nicht noch irgendetwas dazwischen kommt, zu oft hatte ich von Verspätungen und Ausfällen gelesen, aber die Maschine ist pünktlich.
Wir sind beide heilfroh, wie noch nie zuvor auf einer Reise, als wir in Frankfurt landen.
Fazit
Wie der Titel „Herr Appendix will nicht nach Hause“ schon vermuten lässt, handelt es sich hier um eine etwas andere Reise. Viel lieber hätte ich einen Bericht geschrieben, in dem alle Tage so verlaufen wären, wie die ersten.
Die Reise war zu Anfang (mit der kleinen Ausnahme des Unfalls) einfach nur wundervoll, mit schönen Tiersichtungen im KTP, wunderbaren Erlebnissen auf Wolwedans, überhaupt, war ein Tag so schön wie der andere. Alle unsere Unterkünfte waren klasse, egal ob die schönen Wilderness Camps im KTP als Selbstversorger oder im Gegensatz dazu die Wolwedans Dune Lodge. Meine persönlichen Tiersichtungshighlights waren die vier Geparde im KTP, die beiden Erdmännchenkolonien und - über allem - der Palmetto-Gecko.
Das Unheil kam dann von einem Moment auf den anderen. Nie hätte ich mit so etwas gerechnet, aber wer tut das schon. Jegliche Erholung war dahin. Manche sagten uns nach unserer Rückkehr, wenigstens hattet ihr zuvor noch schöne 2 ½ Wochen. Ohne Zweifel, die hatten wir, aber sie waren plötzlich nahezu komplett aus unserer Wahrnehmung verschwunden.
Nach Rückkehr in Deutschland hätte ich mir eine Weile überhaupt nicht vorstellen können, zu dieser Reise einen Bericht zu schreiben und längst nicht alles habe ich hier niedergeschrieben. Das ganze Erlebte habe ich erst später verarbeitet.
Es war ein unglaubliches Glück, wenn man sich unsere 4-wöchige Route anschaut, dass sich Herr Appendix wenigstens noch den kurzen Zeitraum von ganzen 2 Tagen, den wir in der Nähe von Windhoek gebucht hatten, für seine Übellaunigkeit ausgesucht hatte. Nicht auszudenken, was passiert wäre, seine Übellaunigkeit hätte mich in Grootkolk oder Botswana getroffen; auch besonders im Hinblick auf das Trügerische, dass es mir nach den ersten akuten Schmerzen etwas besser ging. Es hätte eine Sache auf Leben und Tod werden können und auch wenn ich dann sicherlich die Hilfe eines Jeden in Anspruch genommen hätte --- im Grunde möchte ich mir das aber gar nicht vorstellen.
Was die medizinische Versorgung und auch die Behandlung des medizinischen Personals anging, so haben wir uns in den besten Händen gefühlt, auch wenn das eine oder andere anders war als bei uns (es war nicht besser oder schlechter, nur einfach anders).
Vor dieser, nun für uns dritten, Reise ins südliche Afrika hatten wir für die nächsten Jahre nicht unbedingt eine weitere Tour auf den afrikanischen Kontinent geplant. Aber trotz, vielleicht sogar wegen, des wirklich unschönen Erlebnisses, nehmen wir mit, dass wir das Land Namibia mit seinen Menschen noch einmal anders kennengelernt haben abseits der touristischen Pfade; nämlich durch große Herzlichkeit und eine Hilfsbereitschaft, die mehr als einmal so groß war, dass sie eine gewisse Demut bei uns erzeugt hat. DANKE an alle, die uns in dieser Zeit so sehr unterstützt haben!
Ich habe Reisen mit einer Freundin gemacht und ein paar wenige alleine, aber rückblickend gesehen war es für mich das enorme, das große Glück, dass sich die Wege von Herrn Appendix und mir auf einer Reise getrennt haben, die ich mit meinem Mann unternommen habe. Ohne seine Unterstützung, seine Hilfe, seinen Zuspruch, seine Ruhe und seine Liebe hätte ich die ganze Situation sicherlich nicht so verhältnismäßig ruhig genommen.
Mit den Dombos waren wir während der ganzen Zeit in Windhoek in regem Austausch und auch nach unserer Rückkehr hat sich Heike regelmäßig nach meinem Befinden erkundigt.
Wie unsagbar gerne hätten wir unseren ausgefallenen Aufenthalt auf Dombo nachgeholt. Jetzt, wo ich diese Zeilen des Fazits für meine Seite verfasse, muss ich voller Trauer und Tränen in den Augen schreiben, dass dies leider niemals mehr möglich sein wird.
RIP, Heike und Uli! Wir sind voller Dankbarkeit, dass wir Euch kennenlernen durften!
„Wer die Abenteuerlichkeit des Reisens ins Blut bekommt, wird diese nicht wieder los.“
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Bruno H. Bürgel