Puna Catamarca
Carachi Pampa
Carachi Pampa
Puna Catamarca
Carachi Pampa
Carachi Pampa
Argentiniens Puna
"La Puna deja huellas" oder "Im Höhenrausch"
- Teil 5 El Peñón -
Tag 10 – El Peñón
Formenreiche Puna, surreale Puna oder einfach: Wunderwelten-Puna
Gestern Abend sagte mir mein Guide, er habe während des standardmäßigen Checks unseres Wagens festgestellt, dass wir einen platten Reifen hätten. Nur gut, dass das nicht unterwegs passiert ist. Ich wäre keine große Hilfe gewesen und hier im Ort ist der Reifenwechsel sicherlich einfacher zu handhaben. Bei den Pisten mit dem oftmals sehr scharfkantigen Vulkangestein habe ich mich in den vergangenen Tagen bereits mehrfach gefragt, ob unsere Reifen die Reise unbeschadet überstehen werden.
Gegen 08:15 Uhr verlassen wir die Hostería für unsere Tagestour und ich bin voller Vorfreude, denn heute steht ein Programmpunkt an, auf den ich regelrecht entgegenfiebere. Vor vielen Jahren hatte ich das erste Mal Fotos gesehen und ich wusste, diesen Platz muss ich unbedingt mit eigenen Augen sehen. Aber bevor es soweit sein wird, fahren wir zur Laguna Carachi Pampa und zum Vulkanfeld des namensgebenden Vulkans.
Mein Guide lässt mich an einem Ende der Lagune aussteigen und wird am anderen Ende der Lagune auf mich warten. Wie immer, soll ich mir die Zeit nehmen, die ich brauche. Ich habe keinerlei Zeitdruck und genieße die Zeit für einen Spaziergang entlang der Lagune, auch wenn der Untergrund äußerst uneben und von Wasserläufen durchzogen ist. Gleichzeitig Fotografieren, Laufen und nicht nach unten schauen, könnte durchaus zu nassen Füßen führen oder ein Stolpern zu mehr als nur nassen Pedes. Wieder ist kein Mensch weit und breit, dafür ist das tierische Leben einmal mehr auf dieser Reise reichlich vorhanden. Einige Esel weiden. Sobald sie mich erblickt haben, lassen sie mich nicht mehr aus den Augen. Ein weiteres Mal kann ich mich des Eindruckes nicht erwehren, dass die argentinischen Esel mir nicht unbedingt freundlich gewogen sind. Möglicherweise handelt es sich hier an der Lagune auch um Verwandte des Langohres vom Lago de Brealito. Ich versuche, so viel Abstand wie möglich zu halten, was nicht einfach ist, da ich mich direkt zwischen diesen mürrischen Vierbeinern und der Lagune befinde.
Nachdem ich diesen Gefahrenherd hinter mich gebracht habe, grasen nur noch Lamas, von denen sich die meisten so gar nicht für mich interessieren. Dann entdecke ich ein Babylama, das sich in Begleitung seiner Mama befindet. Das Kleine kann noch nicht so alt sein, es wirkt recht wackelig auf seinen Beinen. Ich beäuge die Mutter, aber zu meiner großen Überraschung scheine ich ihr tatsächlich egal zu sein, dem Kleinen jedoch nicht. Es ist sehr neugierig und versteckt sich nicht, so habe ich die Möglichkeit, ein paar Schnappschüsse zu machen.
Auch in dieser Lagune haben sich Flamingos eingefunden. Heute sind es zumeist Andenflamingos und ein paar wenige James Flamingos, insgesamt ist es jedoch keinerlei Vergleich zu den Massen von gestern an der Laguna Grande. Am anderen Ende der Lagune nehme ich eine Gruppe von 4 Touristen wahr, aber sie haben bereits schon ihren Rückweg angetreten. Es ist einfach unglaublich, wie wenige Touristen hier unterwegs sind. Nach den obligatorischen Flamingofotos des Tages, setzen wir unsere Fahrt durch die Ebene der Carachi Pampa fort.
Diese Pampa macht ihrem Namen, Carachi Pampa, alle Ehre. Welch eine Kargheit, jedoch unglaublich faszinierend, besonders tut es mir ein Abschnitt mit unwirklichen Wellengebilden an.
Vor allem am Nachmittag ist es in dieser Gegend extrem windig. Der gestrige Tag und die Nacht waren jedoch eine Ausnahme. Es hat ununterbrochen ein heftiger Wind geweht. Das war beileibe mehr als ein laues Lüftchen. Der englische Herr war bereits gestern zum Sonnenuntergang mit seinem Guide an dem Platz, auf den wir nun zusteuern. Er berichtete mir während des Abendessens, es sei so windig gewesen, dass man fast nicht aus dem Auto hätte steigen können, sie seien „sandgestrahlt“ worden. Von meinem Guide höre ich, dass diese Wetterverhältnisse hier eher die Regel als die Ausnahme seien. Umso mehr habe ich heute das Glück, dass kaum Wind weht.
Am Horizont sehen wir schon seit einiger Zeit meinen heutigen Sehnsuchtsort, das Bimssteinfeld Campo de Piedra Pómez. Auf einer Fläche von etwa 4 x 7 Kilometern hat der Vulkan Robleado Blanca vor etwa 73.000 Jahren mit einem gigantischen Ausbruch dieses surreale Feld geschaffen, um nicht zu sagen, gespuckt, indem er diese Bimssteingebilde niederregnen ließ, bevor der unerbittliche Punawind in Form der Erosion diese surreale Wunderwelt formvollendet und perfektioniert hat. Bimssteinfelder von Vulkanausbrüchen gibt es auch woanders, aber ich glaube, diese Wunderwelt hier ist einzigartig. Je mehr wir uns durch die nun graue Ascheebene nähern, umso mehr wächst meine Vorfreude. Ich mache einige Fotos, aber es fällt mir schwer, dieses Panorama auf Speicherkarte zu bannen.
Aufgrund des nicht pausierenden Windes während der letzten Tage ist die Luft voller Staub. Die Vulkane und Bergketten am Horizont liegen zumeist unter einer Dunstglocke.
Dann sind wir da und was soll ich sagen, natürlich sind wir wieder alleine. Wir fahren etwas weiter nach oben. Während mein Guide unser Lunch vorbereitet, schickt er mich in dieses Labyrinth. Immer tiefer gehe ich hinein und fotografiere und staune. In einer Stunde soll ich zurück am Wagen sein. Irgendwann stelle ich mit Schrecken fest, wie sehr die Zeit vorangeschritten ist und der Weg zurück erweist sich weiter, als ich ihn in Erinnerung hatte. Ich bin 10 Minuten später am Vehikel als vereinbart und entschuldige mich sogleich. Alles kein Problem, Hauptsache, ich bekäme meine Fotos, höre ich. Hier sitzen wir nun und essen unser Picknick-Lunch mit Blick auf das Bimssteinfeld Campo de Piedra Pómez. Was geht es mir doch gut und die Quinoa-Tortilla schmeckt einfach nur köstlich.
Gesättigt im Magen, aber noch nicht im Kopf, fahren wir zum Parkplatz und siehe da, dort parkt tatsächlich ein weiteres Fahrzeug. Die Insassen kommen uns aber bereits entgegen, steigen ein und werden gleich losfahren, damit habe ich diese Wunderwelt ein weiteres Mal für mich alleine. Mein Guide wartet an unserem Pickup. Immer weiter zieht es mich in dieses Gebiet hinein. Hier scheinen nur drei Farben zu existieren, das dunkle Grau der Aschefelder, auf denen das Laufen ein wenig schwer fällt, das Weißgrau der Flächen und des Bimssteins und ein surreales Orange-Rot, das sich zumeist, aber nicht ausschließlich, auf der Oberfläche dieser eigenwilligen Formen gebildet hat. Ich kann es nicht fassen, durch welch ein Gebiet ich hier gerade laufe, immer wieder klettere ich auf eines dieser Gebilde. Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich mit mir selbst spreche. Ich höre mich sagen, dass es kaum sein kann, was ich hier sehe und wie wunderbar es ist, ich aber eigentlich gar keine Worte dafür finde, es zu beschreiben … oder spreche ich mit mir selbst, um mich davon zu überzeugen, dass ich nicht träume? Ich bin hin und weg von diesem Ort, der so unwirklich scheint, so als ob er irgendeiner Computeranimation eines Hollywoodstudios entsprungen wäre, aber doch ist es real.
Irgendwann steuere ich den Rückweg durch das Wunderweltenlabyrinth an. Auf dem Weg zum letzten Stopp des heutigen Tages kann ich ein paar Aufnahmen des Areals aus einiger Entfernung machen. Der Abschied von diesem magischen Ort fällt mir schwer.
Die Dunas Blancas sehen so aus, wie sie heißen. Ich steige auf eine der weißen Dünen, kein Fußabdruck im Sand ist zu sehen. Ob ich heute die erste Touristin bin, die diesen Dünenkamm erklimmt? Egal, von oben hat man eine nette Aussicht. Es ist mittlerweile jedoch so windig geworden, dass ich mich entschlossen habe, nur mein Handy mit auf diesen Sandkasten zu nehmen.
Was für ein letzter Tag in der Puna. Morgen werde ich diese faszinierende Welt verlassen, aber noch ist meine Reise nicht zu Ende.
„Wer die Abenteuerlichkeit des Reisens ins Blut bekommt, wird diese nicht wieder los.“
-
Bruno H. Bürgel